59 Gäste und vier Vorhänge Anhaltisches Theater Dessau öffnet für Modellprojekt unter strengen Corona-Auflagen
Dank eines Modellprojekts konnte das Anhaltische Theater erstmals seit sechs Monaten wieder vor Publikum spielen - unter strengen Corona-Bedingungen.
Dessau - Ein schüchterner Sonnenstrahl erhellt am späten Montagnachmittag den Friedensplatz. Über die Freitreppe nehmen vereinzelte Besucher den Weg zum Theaterfoyer. Mitarbeiter des Anhaltischen Theaters und vom Sicherheitsdienst heißen die Ankömmlinge persönlich willkommen. Mit ungestellter Herzlichkeit und frohen Gesichtern. Jetzt soll es starten: das Modellprojekt zum vorsichtigen Wiederanfahren des Kulturbetriebes im Land.
Das Große Haus im Anhaltischen Theater bietet 1.000 Gästen Platz. Normalerweise und ganz bequem. Doch beide Attribute sind für die größte Bühne des Landes Sachsen-Anhalt seit der Corona-Pandemie zu Fremdwörtern geworden. Nichts ist mehr normal und bequem. Über sechs Monate, seit dem bundesweiten Lockdown-light vom Spätherbst 2020, ruhte der Spielbetrieb im Anhaltischen Theater.
„Man hat ja förmlich danach gelechzt, wieder Musik in unserem Theater zu hören. Und war inzwischen fast verdurstet“
Jetzt darf in einem einwöchigen Modellprojekt und unter strengem Testregime wieder vor Publikum gearbeitet werden. Je Veranstaltung sind maximal 100 Personen zulässig.
Die vorsichtige Öffnung ist an Bedingungen geknüpft. In drei Worten: Inzidenz, Tests und Kontaktnachverfolgung. So darf in Dessau-Roßlau die Sieben-Tages-Inzidenz nicht die 200er-Marke überschreiten, benötigt das Publikum einen tagesaktuellen negativen Corona-Test und ist die Kontaktnachverfolgung lückenlos zu sichern.
Unterm Strich sind es am Montag 59 Besucher, die sich das heitere Konzert „Frühlingsstimmen“ der Anhaltischen Philharmonie und vieler Solisten trotz mancher Mühsal nicht entgehen lassen wollten. Auf gar keinen Fall. „Man hat ja förmlich danach gelechzt, wieder Musik in unserem Theater zu hören. Und war inzwischen fast verdurstet“, findet Antje Bönning.
Und applaudiert gedanklich noch vor dem Nachhauseweg für das gerade erlebte anderthalbstündige Programm. „Frisch und bunt, gut zusammengestellt und von Musikern und Sängern klasse interpretiert.“ Die Lehrerin am Liboriusgymnasium ist voll des Lobes und hat als Musikpädagogin das Gehör für die richtigen Töne.
Bereits vorigen Donnerstag und Freitag machten sich die Enthusiasten ihre Test-Termine für den Montag
Vorfreude pur funkelte auch in den Augen eines festverbundenen Quartetts von Theatergänger. Ingrid und Hans Garstecki, Susanne Bahn und Christine Spitzhüttl besuchten bis zum Corona-Lockdown im Abonnement Theateraufführungen und wollten beim Neustart über das Modellprojekt unbedingt dabei sein. „Endlich wieder ins Theater!“ Bereits vorigen Donnerstag und Freitag machten sich die Enthusiasten ihre Test-Termine für den Montag. „Da jetzt Apotheken dabei sind, ist das besser machbar“, meint Susanne Bahn.
Dann schwelgen am Montagabend die Protagonisten des Konzertes mit ihren Stimmen und Instrumenten in den „Frühlingsstimmen“ von verschiedenen Komponisten mit Stationen in Wien, Florenz, Granada, Sevilla, Paris und Wörlitz.
Sehr zur Freude ihrer handverlesenen Zuschauer im großen Saal. Und die bewiesen nach jeweiligem Szenenapplaus dann im Finale wie berauscht, dass auch 59 Besucher die Interpreten viermal „vor den Vorhang“ holen können. (mz/Silvia Bürkmann)