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Altes Theater in Dessau Altes Theater in Dessau: Aus der Puppenkiste

Von Ute König 29.05.2015, 17:56
Regisseur Christian Georg Fuchs mit dem Arzt (li.) und der Frau des Schneiders
Regisseur Christian Georg Fuchs mit dem Arzt (li.) und der Frau des Schneiders Lutz Sebastian Lizenz

Dessau - Optisch tanzen die Marionetten für „Die Abenteuer des kleinen Buckligen“ schon ziemlich aus der Reihe. „Inzwischen habe ich sie aber richtig liebgewonnen“, sagt Regisseur Christian Georg Fuchs während er vorsichtig die Fäden des Schneiders sortiert. Schließlich sind die Figuren auch etwas ganz besonderes. Es handelt sich um Bauhaus-Marionetten, die von Schülern von Oskar Schlemmer entworfen und nun für die Dessauer Puppenbühne nachgebaut wurden. Am Sonntag, dem 31. Mai, sind sie um 18 Uhr erstmals in Aktion zu erleben.

Im Jahr 1923 hatten die Schlemmer-Schüler die Figuren gebaut und orientierten sich dabei sehr an den Bauhaus-Formen und -Farben sowie an den schlemmer’schen Theaterbewegungen. Sie wollten mit ihnen „Die Abenteuer des kleinen Buckligen“ aus der Sammlung der „Geschichten aus 1001 Nacht“ inszenieren. Der Lehrer hätte jedoch lieber die alte Thüringer Legende „Der Schmied von Apolda“ gehabt. Es kam zum Streit und am Ende wurde keines der Stücke realisiert. Die Figuren verschwanden in einer Kiste.

Mittlerweile befinden sich die Originalfiguren im Bestand der Puppentheatersammlung der staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Dramaturg Andreas Hillger und Christian Georg Fuchs hatten die Idee, ihnen in der Bauhausstadt Dessau neues Leben einzuhauchen. Die echten Marionetten durften sie aber nicht verwenden. Nur Nachbauten.

Also ging es für einen Tag ins Museum, wo die Puppenbau-Experten des Ateliers Sellin aus Weimar die Figuren vermessen konnten. „Das war nicht einfach“, erinnert sich Fuchs. Wenn überhaupt, durften die Originale nur mit weißen Handschuhen angefasst werden. Die Messschieber direkt anzusetzen war tabu. Die gewonnenen Zahlen in Kombination mit alten Fotos waren aber ausreichend Grundlage, um jeweils einen Zwilling der insgesamt zehn Figuren herzustellen. „Das war wie in der Archäologie“, zieht Fuchs einen Vergleich. Viele Infos lagen vor, vieles musste ergänzt werden.

Entwürfe ohne Faden

Formen und Farben sind möglichst originalgetreu übernommen worden. „Wir haben auch versucht, mit den Originalmaterialien zu arbeiten“, erklärt Fuchs. Der Großteil der Figuren ist aus Holz. Ein Blick unter den Rock der bösen Frau des Schneiders zeigt: Er ist aus Pappmaché. Für die Haare und Bärte der Figuren griff man zu bronzefarbenem Draht.

Die größte Herausforderung war allerdings, aus den Figuren echte Marionetten zu machen. Die Schlemmer-Schüler hatten sie ohne Fäden entworfen. Bei den Nachbauten entschied man sich für ein traditionelles Spielkreuz. Damit war’s aber nicht getan. „Wir mussten erst einmal herausfinden, was sie eigentlich können“, so Fuchs. Die Fäden mussten dann auch noch so befestigt werden, dass sie sich beim Spiel nicht verheddern. Nicht einfach bei den Bauhaus-Figuren, denn ihre Bewegungen sind anatomisch eben eher untypisch. Die Kniee des Schneiders beispielsweise lassen sich nur seitwärts knicken. „Er soll sich in den Schneidersitz setzen lassen“, erklärt Fuchs. Beim Arzt stecken die Tücken in den Armen. Nicht nur sie, sondern auch die beiden Spritzen, die der Arzt in den Händen hält, wollen an die richtigen Positionen bewegt werden.

Figur wird Musikinstrument zugewiesen

Auch inhaltlich hat Fuchs rekonstruiert. Aus alten Manuskripten konnte er nachvollziehen, wie die Schlemmer-Schüler „Die Abenteuer des kleinen Buckligen“ geplant hatten. Da war auch schon festgeschrieben, dass das Stück ohne Text aufgeführt wird. Stattdessen wird jeder Figur ein bestimmtes Musikinstrument zugeschrieben, die größtenteils der Orff’schen Instrumentensammlung entnommen sind. Ergänzt hat Fuchs die Vorlage allerdings dann noch durch einen Einleitungsteil, in dem die Geschichte von Schlemmer und seinen Schülern nacherzählt wird.

Insgesamt werde das „Bauhaus-Spiel“ ein Stück für ältere Kinder und auch Erwachsene, meint Fuchs. „Je mehr man vom Bauhaus weiß, desto mehr Freude hat man daran“, so der Regisseur. (mz)