800*Dessau 800*Dessau: Momente voll Anmut und Hässlichkeit

dessau/MZ - Der Titel lässt mehrere Interpretationen zu. „800*Dessau“ prangt auf dem Cover mit Kontaktabzügen von Fotos in nuancierten Grau-Tönen. Zeigt der neue Bildband aus dem Funk Verlag Bernhard Hein auf 208 Seiten etwa ein „Dessau mit Sternchen“? Zum Jubiläum mit Schleifchen verpackt?
Verleger Bernhard Hein und Fotograf Sven Hertel präsentieren im Stadtarchiv der Öffentlichkeit ihre neue Publikation. Pünktlich zum Stadtgeburtstag traf gestern die Palette mit druckfrischen Produkten ein und konnte an den Buchhandel ausgeliefert werden. Und „800*Dessau“ meint ausgesprochen nichts anderes als 800 Mal Dessau, feixen die beiden Männer.
Die Besinnung auf die Schwarzweiß-Fotografie freilich ist kein Jux. Sondern Absicht. Ohne die Berechtigung der Color-Fotografie in Abrede zu stellen, finden sich Hein und Hertel einer von Farbreizen überfluteten Welt ausgesetzt und grell widerspiegelt in den Bildern. „Und immer muss der Himmel noch eine Spur blauer strahlen, das Gras grüner grünen und der Mohn roter blühen“, hat Bernhard Hein beobachtet. Und dann beim Mitteldeutschen Verlag den Gegenentwurf entdeckt: Die Serie von den „Lost Places“, den verlorenen Plätzen als fotokünstlerische Bestandsaufnahme stillgelegter Industrieruinen und maroder Baudenkmäler. Und die enorme Qualität und Wirkmächtigkeit von guten Fotografien in Schwarzweiß.
800 Jahre in 800 Bildern
in Nun hatten sich Hein und Hertel, die seit Jahren bei der Herausgabe von kultur- und heimatgeschichtlichen Publikationen zusammenarbeiten, sich schon bei den zuletzt erschienenen Büchern zurückgenommen von „bonbon-beulchenbuntem“ Color. Beim Jubiläum zu Dessau800 folgt der totale Schnitt.
Die 800 ausgewählten Fotografien liefern keinen historischen Rückblick auf 800 Jahre Stadtgeschichte. Doch Momentaufnahmen davon, wie die Stadt 800 Jahre nach ihrer Geburtsstunde aussieht. Und da finden sich Aufnahmen von strahlender Schönheit neben erschreckender Hässlichkeit. Souverän ausgeleuchtet und gebannt in Schwarzweiß. Reduziert auf Licht und Schatten, Linien und Formen. Weil keine Farben den Betrachter ablenken, wird die Essenz, der Kern von Objekten und Situationen stärker sichtbar. „Klasse“, meinen Andreas und Gisela Reich schon nach erstem Durchblättern. Und die Eheleute aus Großkühnau erwerben bei der Präsentation das allererste Exemplar.