40. Vereinsjubiläum 40. Vereinsjubiläum: Erste Eisenbahn war zum Aufziehen
Köthen/MZ. - Heute ist Barche Großvater. Und wen wundert es, dass er die Liebe zur Modelleisenbahn nicht nur Sohn Falk, sondern auch dem Enkel Tobias vererbt hat. Alle drei basteln leidenschaftlich gern an ihren Anlagen. Zusammen mit Falk, der bereits seit zwölf Jahren das Hobby des Vaters teilt, hat Gert Barche am Wochenende bei der Jubiläumsschau der Köthener Modell- und Eisenbahnfreunde im Opel-Autohaus "Gute Fahrt" eine Tischeisenbahnanlage (TT) ausgestellt. 12-mm-Spur, versteht sich.
"Zu DDR-Zeiten war das die gängige Spur", beschreibt Barche. "Die Neubauwohnungen waren damals ja nicht sehr groß, es war also eine Frage des Platzes." Fünf mal 1,35 Meter groß ist die aus mehreren Teilen bestehende Anlage und zweigleisig. Zwei Jahre bauen Vater und Sohn nun schon daran. Fertig ist sie noch lange nicht.
Wenn Barche will, kann er seine Anlage mit der Anlage von Dieter Nachtwei, der neben ihm aufgebaut hat, verbinden, erzählt er beim Rundgang durch die Ausstellung. Nachtwei gehört wie Barche zu den Gründungsmitgliedern des Vereins, der jetzt sein 40-jähriges Bestehen feiert. Am 1. September 1962 scharte der Modellbahnfreund Herbert Semmler vier Gleichgesinnte um sich und gründete eine Arbeitsgemeinschaft im damaligen Deutschen Modelleisenbahner Verband. Ihr erstes Quartier fand sie in der Magdeburger Straße 5. Daran erinnerte Barche, der wenig später zum Verein kam, am Samstag bei der Eröffnung der Jubiläumsschau, an der auch Köthens Oberbürgermeister Kurt-Jürgen Zander teilnahm.
Die erste Anlage, die unter den geschickten Händen der Mitglieder entstand, war 2,50 mal 1,25 Meter groß , "in H0 mit Schmalspur", wie der Fachmann sagt. Erstmals öffentlich gezeigt wurde sie 1964 bei einer Leistungsschau in der Turnhalle der damaligen Chemie-Fachschule am Stand der Deutschen Reichsbahn.
Aus den fünf Gründungsmitgliedern wurden bald 17, darunter sechs Jugendliche. Heute zählt der Verein 23 Mitglieder und hat elf Jugendliche in seinen Reihen. Zum Gespann Barche / Nachtwei gehört als langjähriges Mitglied auch Karl Schmolke. Zu den Jüngsten im Verein zählen z. B. Florian Horzenek (13) aus Dessau und Christian Thiele aus Köthen, die seit Februar bei den Modelleisenbahnern sind. Beide zeigten jetzt ihre Heimanlagen und Florian verriet, dass er bei einer Ausstellung, die er mit seinem Vater in Aken besuchte, auf den Verein aufmerksam wurde.
Rund 100 Ausstellungen, so schätzt Barche, sind in den 40 Jahren veranstaltet worden. Viele davon in Köthen. Seit zwei Jahren gewährt das Opel-Autohaus den Modelleisenbahnern kostenlose Unterkunft. "Dafür sind wir sehr dankbar", unterstreicht Barche. So könne man die wenigen Mittel, die der Verein einnimmt, in neue Anlagen investieren.
Eines der interessantesten Projekte, an denen sich die Modellbahnfreunde in den 40 Jahren beteiligten, war die Großanlage "Potsdamer Hauptbahnhof". Die wurde 1965 gemeinsam mit den Magdeburger Freunden gebaut und beim MOROP-Krongress in Budapest gezeigt. Zwei Jahre später wurde ein Auftrag des Ministeriums für Verkehrswesen der DDR angenommen, der es den Köthener Modelleisenbahnern sogar ermöglichte, in den 70-er Jahren ins westliche Ausland zu reisen. Nach Paris und Helsinki zum Beispiel. Es handelte sich um eine Anlage 16 mal 2 Meter groß, die das Containertransportsystem der DDR darstellte. Anlass zum Bauauftrag war der 20. Jahrestag der DDR.
"Natürlich haben wir auch eigene Modellbahnanlagen in H0, TT und N gebaut", sagt Barche. In Messehäusern und am Berliner Fernsehturm war sie unter anderem zu sehen. Nach der Wende führte der Weg auch in die alten Bundesländer, nach Braunschweig, Köln und Dortmund und so weiter.
In den 40 Jahren hat der Ideenreichtum und Tatendrang der Modelleisenbahner nicht nachgelassen. Derzeit bauen sie den Köthener Personenbahnhof nach. 7,50 Meter lang soll die Anlage werden und aus verschiedenen Modulen bestehen. Gewerkelt wird daran im Arbeitsgemeinschaftsraum in der Querstraße 27, wo der Verein seit 1968 seinen Sitz hat. Dort trifft man sich jeden Mittwoch.
Auf der zweitägigen Ausstellung im Autohaus "Gute Fahrt" waren am Wochenende aber nicht nur Exponate der Köthener Freunde zu sehen. Auch Gäste aus Bernburg und Mühlhausen gaben eine Kostprobe ihres Könnens. Und es gab eine kleine Exposition zur Eisenbahngeschichte mit Rangabzeichen, Handlampen und Schlussschildern. Interesse bei den Besuchern fand vor allem die Lampensammlung, die von der Karbidlampe über die Petroleumlampe bis hin zur Batterie betriebenen die Entwicklung aufzeigte.
Beim Ausstellungs-Rundgang konnte man auch eine alte Piko-Eisenbahn entdecken. Daran erfreute sich auch Peter Rudolf, der mit seinem Enkel Alexander gekommen war. "Ich habe auch noch so eine zu Hause", verriet er. Ein paar Schritte weiter konnte Alexander über die Anlage des Anhaltischen Modellbahnclubs Bernburg staunen: 8,20 mal 1,20 Meter groß und sogar mit einem Jahrmarkt ausgestattet, auf dem die Gebrüder Weißheit ihre Kunststücke auf dem Seil zeigen. "Die Bernburger sind gute Geländerbauer", lobte Gert Barche. "Wir holen uns bei ihnen viele Anregungen." Die Köthener seien dafür etwa versierter bei der Elektrik.
Aus verschiedenen Modulen besteht die mehrere Meter lange Anlage von Ralf Denke aus Mühlhausen, die dieser erstaunlicherweise komplett in seinem Pkw transportieren kann. Eine weitere Besonderheit bei Denke: die H 0 F, eine Feldbahn mit einer 6-mm-Spur.
Mit beiden Vereinen pflegen die Köthener schon seit Jahren gute Kontakte, und so war es selbstverstädlich, sie auch zur Jubiläumsausstellung einzuladen.