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„Vielleicht liegt’s ja an den Genen?“ 100 Jahre und hellwach - Ur-Dessauerin Johanna Faust aus Haideburg feiert Geburtstag

Ur-Dessauerin Johanna Faust aus Haideburg feiert ihren 100. Geburtstag. Familie, Nachbarn und Oberbürgermeister gratulieren.

Von Silvia Bürkmann Aktualisiert: 18.08.2022, 14:54
Johanna Faust aus Dessau feierte ihren 100. Geburtstag in der Jägerklause.
Johanna Faust aus Dessau feierte ihren 100. Geburtstag in der Jägerklause. Foto: Thomas Ruttke

Dessau/MZ - Der Ehrenplatz an der Stirnseite der langen Tafel macht die Jubilarin erkennbar. Die Hundertjährige wäre von Fremden sonst wohl eher der Tochter-Generation zugeordnet worden: So jung, wach und lebhaft wirkt Johanna Faust, die am Mittwoch ihre Geburtstagsgäste in der „Jägerklause“ in Dessau-Haideburg empfängt.

Die Kinder, Enkel und Urenkel sind da, Nachbarn, Helfer vom Pflegedienst, Bekannte und Freunde. Auch Oberbürgermeister Robert Reck kommt zum kleinen Plausch und überbringt Grüße, Blumen und Urkunde aus ihrer Heimatstadt sowie von Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Reiner Haseloff. Die Gläser klingen und das geflügelte Wort „auf die nächsten zehn Jahre“ klingt hier so gar nicht nach Floskel.

Wie sie es schafft, mit 100 Jahren so fit zu sein - darauf weiß die zierliche, kleine Frau keine Antwort, zuckt mit den Schultern: „Vielleicht liegt’s ja an den Genen?“ Auch ihre ältere Schwester war 100 Jahre geworden.

An Computer-Vorfahren gearbeitet

Nicht nur der Augenschein macht Johanna Faust deutlich jünger, auch die Lebensumstände verblüffen: Bis heute lebt die Seniorin, weitgehend selbstständig und unterstützt vom Pflegedienst in dem Haus in Haideburg, das sie mit ihrem Mann Hans 1948 bezog und in dem die Kinder Edgar Faust (geboren 1946) und Brigitte, geboren 1951 und verheiratete Schatz, aufwuchsen.

„Wir sind alles waschechte Dessauer“, erinnert sich die Jubilarin, die 1922 in der Böhmischen Straße im Stadtzentrum als zweites von drei Mädchen der Familie von Waagenbauer Bamberg geboren wurde. Von dort holte sich Hans Faust die Ehefrau nach Haideburg, wo Stadtkind Johanna neu verwurzelte. Und wo sie auch blieb, als ihr Mann 1994 verstarb. Das Leben ging weiter.

Bis in die 1970er Jahre hat Johanna Faust im Großhandelskontor GHK Lebensmittel in der Albrechtsstraße gearbeitet. In ihrem dortigen Büro waren Fleiß und flinke Finger gefragt: Johanna Faust bediente die Fakturiermaschine vom Kontor. Diese Büromaschinen waren Schreib-, Rechen- und Buchungsmaschinen in einem. Eingesetzt zum Erfassen von Waren und Ausfertigen von Rechnungen, quasi die Vorgänger der heutigen Computer.

Nicht ganz bis zum damals gültigen Rentenalter (für Frauen ab 60) arbeitete Johanna Faust im GHK Lebensmittel. Mit 55 war sie dann Hausfrau, Mutter und Oma in Haideburg. Und die Herrin in Haus und Küche - den Garten bestellte Ehemann Hans.

Voller Lebenslust

Die Familie - inzwischen angewachsen auf drei Enkel und vier Urenkelkinder- hat es deutschlandweit verstreut - zu Omas Geburtstag aber kommen sie alle. Mit Theaterbesuchen und Sport in der Gymnastikgruppe hält sich die Hundertjährige fit an Geist und Körper, besuchte die Tagespflege zu großen Rommé-Runden und wird damit bis heute von ihrer Freundin Christel Nonez geneckt.

Was er an seiner Mutter bewundert? Da muss Edgar Faust nicht lange überlegen: „Wie sie alles immer noch selbst organisiert. Und dass sie das Zeitgeschehen mit Interesse verfolgt.“ Zeitung und Fernsehen gehören also zum Tag. „Fernsehen nur, wenn was Schönes kommt“, korrigiert die alte Dame.

Was also ? Nun, sie mag André Rieu.