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100. Geburtstag 100. Geburtstag: Für Liebesromane Essen vergessen

Von Sylvia Czajka 16.12.2002, 18:28

Osternienburg/MZ. - Am Montag jedoch war keine Zeit zum Schmökern. Gestern saß jene Frau still im Sessel ihrer Wohnung, die sonst täglich flott durch Osternienburg schreitet - durch ihr Osternienburg. 100 Jahre wurde sie gestern alt. Zehn Jahrzehnte galt es mit denen zu feiern, die sie durchs Leben begleitet haben - mit vertrauten Gesichtern, die liebenswerte Freunde wurden. Von großem Tamtam hält die bescheidene ehrwürdige Dame nicht viel. Und vom Anstoßen mit prickelndem Sekt wohl auch nicht. Denn Ida Clara Berger bevorzugte schon immer ein Likörchen.

Zwölf Geschwister waren sie einst. Ida Clara Berger ist noch da. Und wie. "Sie hat immer hart gearbeitet", weiß Werner Berger zu berichten. "Ich kenne sie gar nicht anders", erzählt der 73-jährige Sohn.

In der Landwirtschaft habe "sie geschuftet". Es gab einfachere Arbeit, um Brot zu verdienen. Doch sie wollte es so, erinnert sich Werner Berger. Es waren nicht viele Stunden am Tag, wo er und seine Schwester Irmgard ihre Mutter zu Gesicht bekamen. Ab und zu hätten beide sie mit zentnerschweren Lasten auf dem Rücken beobachten können, einen Anblick, den sie nie vergessen.

"Ja, das ist eben unsere Mutter." Eine Frau, die vom 14. Lebensjahr an bis zum 60. immer gearbeitet hat. Wie man so alt wird? Werner Berger glaubt es zu wissen. "Mutter Clara ist täglich immer sehr zeitig zu Bett gegangen. Mit den Hühnern eben." Vielleicht habe es dran gelegen. Doch, wenn es ums Feiern ging, dann, ja dann konnte sie plötzlich aufbleiben bis in die Puppen.

Ida Clara Berger ist auch heute noch in Top-Form. Bei einem Sportfest in Aken im vergangenen Jahr ließ sie es sich nicht nehmen, dabeizusein. Krank sei sie eigentlich nie gewesen. Tabletten kenne sie nicht, plaudern die Kinder. Mal ein gebrochener Arm, grübeln sie. Das war's wohl auch schon. Ida Clara Berger, die die Osternienburger liebevoll nur "Tante Clara" nennen, wird heute schon wieder flott unterwegs sein, da sind sich alle einig. Klar, dass sie noch ein paar Jahre drauf legen will, wenn man schon 100 geworden ist. "Wir werden sehen", sagt sie und nippt am Gläschen Sekt, obwohl sie eigentlich lieber ein Likörchen trinkt.