10. Musikmeile 10. Musikmeile: Oldtime-Magneten, junger Soundcheck
Köthen/MZ/mb. - Ansonsten freilich knirschte kaum Sand im Musikmeilengetriebe. Im Gegenteil: Einmal mehr bot das Musikspektakel ein hohes Maß an Vielfalt und belohnte denjenigen, der sich immer mal auf die Strümpfe machte, um an anderer Stelle andere Klänge zu erleben. Köthener, die die "Magneten" nicht kennen, dürfte es auch geben. So nahm es denn auch nicht Wunder, dass der Bühnenplatz des Trios im Friedenspark immer gut besucht war. Was nicht zuletzt an der launigen Zwischenmoderation von Jürgen Reinicke lag, der gemeinsam mit den beiden "ältesten musikmachen Zwillingen Köthens", Horst und Fritz Thiedemann, für jede Menge Stimmung sorgte und auf Pausen weitgehend verzichtete.
Als sich die Magneten gründeten, anno 1966 also, dürften die Mitglieder der Gruppe "Soundcheck" noch nicht mal ein Glänzen in den Augen ihrer Eltern gewesen sein. Die jungen Burschen, die in der Kleinen Wallstraße ihre Bühne gefunden hatten, sangen und spielten sich aber förmlich die Seele aus dem Leib - zur Freude der Zuhörer und -schauer. Man hofft auf ein baldiges Wiedersehen und -hören. Vor allem der Mann an der Geige verdiente sich ein Sonderlob, er sorgte für Töne, die auf der Musikmeile eher zu den Raritäten zählen. Aber immerhin: Auch Dudelsack und andere archaische Instrumente konnte man erleben. Allerdings nur, wenn man nicht klaustrophisch veranlagt war, denn "Rustica" waren wieder im Foyer der Jakobskirche zu finden, und dorthin vorzudringen, kam schon den Schwierigkeiten nahe, sich einen Weg in den biblischen Garten Eden zu bahnen. Der dann - in der irdischen Variante - auch noch gestopft gefüllt war. Insofern musste der Aufenthalt hier knapp ausfallen, falls man keinen der wenigen Sitzplätze ergattert hatte.
Einen speziellen Sitzplatz konnte man am Rande des Marktes einnehmen, wo sich jedermann auf einer Musikmeilen-Kuh fotografieren lassen konnte. Ein Werbegag mit Erinnerungswert, von dem durchaus reichlich Gebrauch gemacht wurde. Ein eher romantisches Plätzchen war dagegen der Bärteich - zumindest an der Stelle, wo ungezählte Kerzen auf dem Wasser das Wort "Musikmeile" bildeten. Ganz und gar unromantisch nüchtern betrachtete die Köthener Polizei die Meile, bei der sie so präsent war wie noch nie zuvor. Nach Klaus Kartheuser, der den Einsatz leitete, war ein massives Eingreifen nicht erforderlich. Lediglich gegen fünf Jugendliche musste ein Platzverweis ausgesprochen werden, weil sie auf dem abgesperrten Terrain der Wittigschen Villa ertappt worden waren. Schwerwiegende Handgreiflichkeiten blieben nach Polizeiauskunft aus: Entsprechende telefonische Meldungen im Revier erwiesen sich als falsch - absichtlich oder unabsichtlich sei dahingestellt.
Bei aller Freude über ein gelungene Meile soll nicht vergessen werden, dass es sehr wohl Kritikpunkte gab. So ist die Abfallbehälterdichte einfach zu gering, die Innenstadt sah nach drei, vier Meilenstunden teilweise wie ein Saustall aus.
Und um im Bild zu bleiben: Ob es nun die Knappheit an Toiletten war oder der Preis, der im Wagen an der Feuerwehr genommen wurde - jedenfalls hatte man nicht nur an dunklen Stellen Mühe, Leute nicht zu behelligen, die sich gerade erleichterten. Die Frontfrau von "Two of us" auf dem Parkdeck der Sparkasse hatte bedauerlicherweise allen Grund, die "Pinkelfraktion" hinter der Bühne zu grüßen...