Zwillingsgeburtstag Zwillingsgeburtstag: Der doppelte Wulfert
Wittenberg/MZ. - Am Sonnabend feiern sie in einer Wittenberger Gastwirtschaft ihren 80. Geburtstag. Die ganze Familie ist da, reichlich 30 Personen, von denen freilich ein jeder die Jubilare unterscheiden kann. Diese behaupten von sich, tief in ihrem Innern "sehr verbunden und gleich" zu sein. Doch habe sie das Leben unterschiedlich geformt. Das begann am 28. Oktober 1923 in einem kleinen Ort in Pommern. Wolfgang Wulfert drängte zehn Minuten vor Bruder Martin auf die Welt. Die Entbindung - eine Hausgeburt - sei kompliziert gewesen. Am Ende landeten beide in einem Körbchen im Backofen. Weil es dort warm war.
Später entdeckten sie, "dass uns die Leute nicht unterscheiden können". Und machten sich einen Jux daraus, die Ahnungslosen "zu foppen". Auch die Ehefrauen blieben davon nicht verschont. "Stundenlang könnten wir davon erzählen", lächelt Alona Wulfert, seit 1948 mit Wolfgang verheiratet. Dass sie ihm und nicht Martin das Ja-Wort gab, habe daran gelegen, dass er früher aus dem Krieg zurückgekehrt ist. Denn gekannt hat sie beide.
Apropos Krieg. In diesem Punkt unterscheiden sich die Zwillinge nicht von anderen Zeitgenossen ihrer Generation. Die Kriegsjahre haben sie geprägt wie kaum etwas anderes. Traumatische Erlebnisse, etwa Martin Wulferts Gefangennahme 1945 und die Deportation in ein Straflager im Kaukasus, werden der MZ in den Block diktiert. Andere Lebensstationen geraten da leicht zu Fußnoten. Dabei sind sie nicht minder spannend.
Beide Brüder beendeten nach dem Krieg zunächst ihre jeweiligen Ausbildungen und brachten es später zum Ingenieur. Martin Wulfert arbeite in Wittenberg im Gartenbau. Bruder Wolfgang ging als Chemiker nach Leuna. Kinder und Enkel, sogar ein Urenkel kündigten sich an. Sie alle haben sich am Sonnabend eingefunden, um die Wulfert-Zwillinge zu feiern. Diese lassen sich übrigens dann doch noch unterscheiden. Bei genauerer Betrachtung tragen sie nämlich verschiedene Krawatten.