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Die E-Karren Zurück in die Zukunft? In der Filmfabrik Wolfen wurde schon vor 80 Jahren elektrisch transportiert

Von Andrea Dittmar 18.09.2021, 14:00
Die E-Karren, sagt Museumsleiter Sven Sachenbacher, waren alternativlos in der Produktion.
Die E-Karren, sagt Museumsleiter Sven Sachenbacher, waren alternativlos in der Produktion. (Foto: André Kehrer)

Wolfen/MZ - Leise, ohne Emissionen, gut für die Umwelt: Elektromobilität ist ein angesagter Antrieb und soll in Zukunft Menschen von A nach B bringen. Doch ist die Idee wirklich so neu? „In der Filmfabrik Wolfen bestimmten elektrisch betriebene Karren gut 80 Jahre lang den Transport“, sagt Sven Sachenbacher. Er ist Museumsleiter des Industrie- und Filmmuseums, in dessen Gängen sich immer noch ein alter E-Karren befindet.

Unterlagen aus dem Betriebsarchiv zeigen, dass es schon in den 1930er Jahren mit den E-Karren los ging, und zwar in allen Betrieben der Agfa. Von Leverkusen bis Wolfen lenkten die Fahrer sogenannte „Eidechsen“ von einem Teil des Betriebs in den anderen - durch Gewichtsverlagerung.

Im Gegensatz zum Dieselantrieb hatten die E-Karren einen entscheidenden Vorteil

Denn im Gegensatz zum Dieselantrieb hatten die E-Karren einen entscheidenden Vorteil, erklärt Sachenbacher: „Sie konnten direkt in die Produktionsstätten fahren, weil sie keine Abgase produzierten, die den Filmen geschadet hätten.“ Von den Flüssigkeiten bis zur fertigen Filmrolle wurde alles mit den E-Karren in der Filmfabrik herumgefahren. 1942 fuhren in der Wolfener Filmfabrik bereits 68 Elektrokarren auf dem Werksgelände umher, einer davon war sogar für den Personentransport ausgelegt.

Die Mitarbeiter und technischen Leiter waren allerdings ausdrücklich angehalten, nicht aus Faulheit zu fahren oder leichte Dinge zu transportieren, weiß der Museumsleiter aus den Unterlagen. Ein ganzer Ordner widmet sich dem Schriftverkehr zwischen den verschiedenen Agfa-Betrieben. Die Schreiber tauschten sich aus, welche Akkus und Batterien am besten funktionierten, mit welchen Ladezeiten zu rechnen sei.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde schließlich die Ersatzteil-Beschaffung schwierig

Auch Fahrtenschreiber gab es bereits in den E-Karren. „Das Ziel war es, mit einer Ladezeit eine Schicht durchzuhalten“, so Sven Sachenbacher. Effektiv sollten die Karren schließlich sein. Und um genaue Vergleiche zu haben, wurden detailliert Stand- und Fahrtzeiten notiert und alles in ein Balkendiagramm eingetragen. Ergebnis: Besonders im Lager konnten die E-Karren voll genutzt werden.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde schließlich die Ersatzteil-Beschaffung schwierig. Auch das zeigt sich in den Notizen zu den E-Karren: Da fehlte es dann schon an Elementarem wie Holzbrettern. Später kamen die emissionsfreien Karren nicht mehr aus deutscher Produktion, sondern aus dem Balkan. Der museumseigene Karren ist dazu noch umgerüstet mit Tür und Dach.