Aktion gegen Krebs Zopf gegen Krebs: Zwei junge Frauen aus Bitterfeld spenden Haare für Chemotherapie-Patientinnen

Bitterfeld - Eigentlich findet Eva Kemter kurze Haare ja eh unkomplizierter. Weniger Shampoo, es kämmt sich leichter. „Ich freue mich darauf, sie das erste Mal zu waschen“, sagt die 24-Jährige und lacht. Neben dem Waschbecken liegt ein blonder Zopf, zusammengebunden mit Gummis. Rund 30 Zentimeter ist er lang.
Die Studentin aus Delitzsch hat ihn sich jedoch nicht nur aus praktischen Gründen abschneiden lassen. Sie ist eine von zwei jungen Frauen, die ihre Haare am Dienstag in Bitterfeld für Krebskranke gespendet haben. Aus den langen Zöpfen sollen Echthaarperücken werden. Das hat der Friseursalon Figaro in die Wege geleitet - und die Haare in der Zörbiger Straße gleich selbst abgeschnitten, na klar.
Dort nimmt Sven Weise von der Sachsen-Anhaltischen Krebsgesellschaft (SAKG) die Spende direkt entgegen. „Unsere Idee ist, dass sie an Menschen geht, die dauerhafte Perücken brauchen“, sagt der Geschäftsführer. „Der Ersatz des gesamten Haares fürs Leben.“ Nicht in jedem Fall würde dieses nach einer Chemotherapie wieder nachwachsen. Eine Echthaarperücke wünschten sich aber auch viele der - insbesondere - Patientinnen, denen die Haare nur vorübergehen ausfielen. Etwa 300 Anfragen erreichen die fünf Figaro-Friseursalons in Bitterfeld nach eigenen Angaben jedes Jahr.
Eine Echthaarperücke ist oft Tausende Euro teuer
Doch Echthaar ist rar, eine Perücke deshalb alles andere als preiswert. Mehrere tausend Euro kann ein Exemplar kosten. Zu viel für einige Menschen, denen die Krankheit ohnehin finanziell zusetzt. „Unser Ärgernis ist, dass manche Krankenkassen nur bis zu 100 Euro übernehmen“, sagt Weise.
„Für den Preis ist eigentlich keine Frisur möglich.“ Die Krebsgesellschaft könne Geld aus einem Härtefallfonds besorgen. Und sie begleitet nun auch selbst zum ersten Mal eine Spende. „Wir haben uns entschieden, dass wir die Haare regional weitergeben“, erklärt Geschäftsführer Sven Weise. Sie werden in einem Leipziger Studio verarbeitet. Die Empfängerinnen sollen die Perücken dann ermäßigt bekommen. „Das ist die Idee dahinter“, sagt Weise.
Über die Unwegsamkeiten der Chemotherapie weiß Farkhunda Mohammadi nur zu gut Bescheid. „Mein Vater ist vor einem Jahr gestorben“, sagt sie. „Er hatte eine Krebskrankheit.“ Die 16-Jährige wird derzeit bei Figaro zur Friseurin ausgebildet. Auch sie hat an diesem Morgen ihre Haare gespendet. Dazu entschied sie sich schon Ende letzten Jahres.
Die nächste Spende von Eva Kemter ist bereits eingeplant
„Weil ich Menschen helfen möchte“, sagt Mohammadi. Jetzt hält sie einen rund 40 Zentimeter langen Zopf in der Hand. Kurze Haare sind für sie eine Premiere - bislang gefällt es ihr ganz gut. „Leichter“, sagt sie.
Eva Kemter kennt das. 2016 hat sie ihre Haare ein erstes Mal gespendet. Und sofort entschieden, das zu wiederholen. „Ich habe sie wieder wachsen lassen“, sagt die 24-Jährige über ihre kurzen Haare von damals. So wird es auch jetzt wieder sein, ganz gleich wie praktisch die Frisur ist. Die nächste Spende ist eingeplant. (mz)
Wer seine Haare ebenfalls spenden möchte, kann sich unter 03493/22949 beim Figaro-Salon melden. Die Haare sollten ungefärbt und mindestens 25 Zentimeter lang sein. Der Schnitt ist dann kostenlos.
Gerade feines, helles Haar ist auf dem Perückenmarkt viel Geld wert. Diverse Organisationen nehmen Spenden entgegen - hier sollte mit Sorgfalt gewählt werden.
Der Verein „Haarfee“ aus Österreich etwa erstellt die Perücken selbst und verschenkt sie an kranke Kinder. „BVZ Rapunzel“ wiederum verkauft die Haarspenden und gibt das Geld an wohltätige Organisationen weiter. Viele Friseursalons helfen gerne.
