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Auftritt in Zörbig Heinz Rudolf Kunze: Dieses Lied hat mein Leben verändert und mein Leben entschieden

40 Jahre „Dein ist mein ganzes Herz“ – Heinz Rudolf Kunze feiert das Jubiläum des Songs, der sein Leben veränderte. Am Sonntag, 6.7.2025, steht der 68-Jährige um 20 Uhr auf der Festwiese in Zörbig auf der Bühne.

Von Ariane Keller Aktualisiert: 02.07.2025, 18:51
Heinz Rudolf Kunze steht am Sonntag um 20 Uhr bei "Zörbig tanzt" auf der Bühne.
Heinz Rudolf Kunze steht am Sonntag um 20 Uhr bei "Zörbig tanzt" auf der Bühne. Foto: Oliver Diecke

Zum achten Mal findet von Donnerstag, den 3. Juli, bis Sonntag, den 6. Juli, "Zörbig tanzt" auf der Festwiese statt. Neben Musik-Acts wie "Tänzchentee" am Freitag um 18 Uhr und DJ "Olaf der Flipper" um 22 Uhr und am Samstag ab 18 Uhr DJ AnDRusH, DJ LA, 2elements, Louis Garcia, "Gestört aber GeiL", "Ostblockschlampen" und „Die Gebrüder Brett", findet sich auch Musikgröße Heinz Rudolf Kunze ein. Er wird am Sonntag ab 20 Uhr für Stimmung sorgen. Im Vorfeld hat er im Interview über seine Inspiration, die "Puhdys" und seine "Rockerrente" gesprochen.

Lesen Sie auch: Drei Tage plus einen Bonustag lang wird die Festwiese am Sportplatz zur Bühne für Fußball, DJ-Nacht und Livemusik. Was geboten wird. Was der Eintritt kostet.

2025 feiert Ihr Album „Dein ist mein ganzes Herz“ 40-jähriges Jubiläum. Seit den 80er-Jahren wird der titelgebende Song gespielt – auf großen Festen genauso wie in privaten Partykellern. Der Song verbindet Generationen. Haben Sie sich das vor 40 Jahren so ausmalen können?

Heinz Rudolf Kunze: Nein, das kann niemand voraussehen. Es hat sich relativ schnell gezeigt, dass das ein Hit war, aber eben im Jahr 1985. Dass ein Lied die Qualität eines Evergreens bekommt, eines Gassenhauers, der sich jahrzehntelang hält – das kann niemand ahnen. Und ganz bestimmt nicht ich. Ich war damals sehr unsicher, ob diese doch sehr breitenwirksame Nummer mir überhaupt steht.

Ich hatte damals ein sehr hochnäsiges, studentisches, elitäres Publikum, das ganz andere Sachen von mir gewohnt war. Ich bekam dann auch, als die Nummer erschienen war, die typischen Verräter-Rufe, wie sie Bob Dylan auch erlebt hat. Aber auf der anderen Seite hat sich natürlich mein Publikum verfünfzigfacht und insofern konnte man das ertragen (lacht).

Das passiert von allein, da ist eine Kraft, die in diesem Lied drinsteckt – dafür kann ich gar nichts. Ich kann das nur staunend zur Kenntnis nehmen und mich darüber freuen, dass das Lied so ein langes Leben hat. Aber ich hätte das damals nie vorausgesagt und nie geahnt.

Als ich neulich im Fernsehgarten war und zum zehnten Mal „Dein ist mein ganzes Herz“ gesungen habe, hätte ich mir gewünscht, dass ein Zuschauer ins Bild springt mit einem Schild: „Er hat übrigens auch andere Lieder komponiert“ (lacht). Das ist leider nicht passiert.

Aber ich bin diesem Lied natürlich trotzdem sehr dankbar, dass es mir so einen Erfolg gebracht hat. Denn dieses Lied hat ganz klar mein Leben verändert und mein Leben entschieden. Bis zu diesem Moment im Herbst 1985 war nicht klar, ob ich aus dem Musikmachen wirklich eine Lebensperspektive machen kann. Oder ob ich irgendwann zurück muss ins normale bürgerliche Leben.

Von diesem Lied an war klar: Das bleibe ich jetzt, und das mache ich jetzt für den Rest meiner Tage.

Anfang Juni erschien die Single in einer neuen Version im Duett mit der Sängerin Annett Louisan. Im September wird sie dann als Bonustrack auf dem neuen Album „Angebot und Nachfrage“ veröffentlicht. Wird es weitere Kooperationen mit ihr oder anderen Musikern geben, auf die sich die Fans freuen können?

Heinz Rudolf Kunze: Es gibt schon jede Menge Kooperationen, aber auf diesem Album wird es keine weitere geben. Annett war schon lange eine Wunschpartnerin und nun hat es endlich geklappt. Ich möchte mit dem Titel natürlich auch auf das neue Album aufmerksam machen, das „Angebot und Nachfrage“ heißt und im September erscheinen wird.

Was hat Sie bei diesem Album inspiriert?

Heinz Rudolf Kunze: Das, was uns alle beschäftigt, wenn wir heutzutage einigermaßen wach durchs Leben gehen und die Nachrichten aufnehmen. Wir leben in einer extrem gefährlichen Zeit. Die Demokratie ist nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt bedroht. Wir haben wieder mit Judenhass zu tun, wir haben große Probleme nicht nur ökologischer Art, die eigentlich nur international gelöst werden können, aber davon sind wir weit entfernt.

Europa droht unbedeutend zu werden im Wettkampf der Großen auf der Welt. Und ist auch uneinig und auf die USA ist nur noch bedingt Verlass usw. Das Problem der Migration ist ungelöst und wird auch von der jetzigen Regierung nur halbherzig angegangen, was die extremen Kräfte links und rechts weiter anheizen und steigern wird im Zulauf. Da bin ich ganz sicher.

Es gibt genügend Gründe, sich Sorgen zu machen und sich Gedanken zu machen. Das alles kommt darauf vor - aber keine Angst! Es liegt keine Pistole zum Selbstmord dabei, es gibt auch Liebeslieder und lustige Lieder.

Im Grunde ist es aber ein politisches Album geworden?

Heinz Rudolf Kunze: Ja, sehr, mehr als alle meine Alben davor. Weil ich einfach ein Mensch bin, der die Nachrichten, die er ertragen muss, die auf ihn einstürmen, irgendwie verarbeiten muss.

Manche Menschen haben das Gefühl, sich vor den Nachrichten schützen zu müssen. Sie auch?

Heinz Rudolf Kunze: Ich kann das gut verstehen, habe dieses Bedürfnis auch ganz oft. Nur kann ich mir das leider nicht leisten, es gehört nun mal zu meinem Beruf, dass ich die Außenwelt wahrnehmen muss. Jedenfalls so verstehe ich meinen Beruf. Es gibt genügend Leute, die nur „Tralala“ und „Schubidu“ machen und die rosarote Brille aufhaben. Da muss ich nicht auch noch mitmachen.

Haben Sie vor, so wie die Stones oder die „Puhdys“ bis zur Rockerrente weiterhin auf Tour zu gehen?

Heinz Rudolf Kunze: Ich müsste erstmal erfahren, wer mir eine zahlt… Mein Freund „Maschine“ und die „Stones“ sind doch längst jenseits des Rentenalters und machen immer noch weiter. Wenn die Gesundheit mitspielt, haben viele Kollegen Lust, weiterhin das zu tun, was sie am besten können und was ihnen am meisten Spaß macht.

Wenn man an die „Rolling Stones“ denkt, mit jetzt allen über 80, da kann es nicht mehr ums Geld gehen, das muss wirklich der reine Spaß sein. Das ist doch eine tolle Sache, wenn man physisch und psychisch in der Lage ist, diesen Job noch auszuüben. Dass man das wirklich macht, solange wie es geht. So sehe ich das selbstverständlich auch.

Bob Dylan ist mit 86 zusammen mit Willie Nelson, 92 Jahre, auf Tour. Die wenigsten Künstler/Musiker wollen aufhören. Es gibt natürlich auch objektive Zwänge: Man hat kein Publikum mehr, oder man ist nicht mehr gesund. Das sind andere Dinge, aber solange noch eine Öffentlichkeit da ist für das, was ich mache, und solange ich mich in der Lage fühle, das auszuüben, werde ich mit Sicherheit nicht aufhören.

Haben Sie Verbindungen zu ostdeutschen Musikern/Bands?

Heinz Rudolf Kunze: Es gibt starke Verbindungen. Ich habe vor vielen Jahren für „City“ vier oder fünf Texte auf einem Album geschrieben. Für „Maschine“ habe ich ganz viele geschrieben für sein zweites Soloalbum. Ich bin gut mit Uwe Hassbecker von „Silly“ bekannt, ich bin sehr gut mit „Karat“ bekannt. Also man kennt sich schon.

Auch Tobias Künzel von den „Prinzen“ ist ein enger Freund von mir. Es gibt vielleicht sogar gewisse Seelenverwandtschaften – ich selbst stamme ja auch aus dem Osten, vielleicht hat man da instinktiv eine größere Nähe als zu Kollegen aus bestimmten Bereichen Westdeutschlands. Wir denken vielleicht ähnlich.

Sie haben Lehramt studiert. Könnten Sie sich vorstellen, in der heutigen Zeit als Lehrer tätig zu sein?

Heinz Rudolf Kunze: Ich wäre ja schon pensioniert. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, heute Lehrer zu sein. Unser Bildungssystem ist eine einzige Katastrophe. Und wir haben durch den hohen, unbewältigten Ausländeranteil in den deutschen Schulen ein kulturelles Problem der Wissensvermittlung, das dramatisch ist.

Ich habe Freunde, die entweder Lehrer waren oder sogar noch sind. Häufig in den Grundschulen und kleineren Jahrgängen ist das ja gar kein Unterricht, der da stattfindet, sondern nur ein Aufbewahrungsort für Kinder. Dieses Problem ist ungelöst und das Niveau unserer Ausbildung sinkt ständig.

Ich habe hohe Achtung vor allen Lehrern, die diesen unfassbar schweren Job heute ausüben müssen. Die Lehrer werden im Stich gelassen von der Politik und der Gesellschaft. Wenn dann noch arrogante Eltern dazukommen, die mit den Noten nicht einverstanden sind und die Lehrer mit Anwälten bedrohen, dann sieht man mal, wie weit wir gekommen sind.