Bitterfelder Wasserwerk Wasserwerk Bitterfeld: 120 Jahre Regionalgeschichte

Bitterfeld - Acht wunderbare Wassertürme, allesamt architektonische Kleinode, erhoben sich einst in Bitterfeld und Umgebung. Lediglich vier davon sind noch erhalten - im Chemiepark in Wolfen, in Zörbig, in Bobbau und in der Wolfener Altstadt.
Den vierten zu entdecken, wird allerdings schwierig. Denn wer weiß schon, dass das unscheinbare Gebäude in der Jahnstraße am Abzweig Thälmannstraße eigentlich ein Wasserturm ist?
Ein echtes Stück Regionalgeschichte
Dieser Tage rücken die steinernen Zeugen der Industrialisierung dieser Region wieder in den Blickpunkt. In einer Ausstellung im Wasserzentrum an der B100 sind sie zu sehen. Und mehr noch - verschiedene Schautafeln dokumentieren ein Stück wichtiger Regionalgeschichte.
Vor 120 Jahren nämlich war Baubeginn für das Bitterfelder Wasserwerk. Und nicht nur das - im selben Jahr ging es auch gleich noch in Betrieb. Planen, bauen, arbeiten - in Bitterfeld hat man nicht gekleckert ... Den Ursprung der hiesigen Wasserversorgung übrigens hat man auf dem Pomselberg gefunden: einen Brunnen, 1562 gebohrt, von dort aus führte eine Holzleitung zu den Häusern.
96 Jahre lang hat das Bitterfelder Wasserwerk die Stadt und die umliegenden Orte zuverlässig mit dem - wie der Chef der Midewa Wasserversorgungsgesellschaft in Mitteldeutschland, Uwe Störzner, sagt - blauen Gold versorgt. Die erste Leitung vom Wasserwerk in die Stadt übrigens liegt heute noch dort, wo sie einst installiert wurde.
320.000 Mark hat der Bau der Anlagen damals gekostet. „Verdammt viel Geld“, wie Störzner sagt. Die Investition hat sich gelohnt, das Werk brachte Höchstleistungen. Nicht zuletzt deshalb war es wohl immer auch eine Baustelle: Kaum fertig, wurde schon erweitert. 1896 kamen 246.000 Kubikmeter aufbereitetes Trinkwasser für die Bevölkerung aus dem Werk, kurz vor der Abschaltung 1992 waren es sage und schreibe acht Millionen Kubikmeter.
Für Störzner ist Wasser „das spannendste Thema überhaupt“. Das glaubt man dem Mann glatt: Mit 26 Jahren war er 1985 der jüngste Chef eines Betriebes, der zum damals zuständigen Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft der DDR gehörte. Er ist heute noch der Chef übers Trinkwasser in Mitteldeutschland.
Die Wassertürme mussten dem Fortschritt weichen
Und als einer, der die Dinge fröhlich-salopp beim Namen nennt, kann er das heutige Problem auch mal so ausdrücken: „Zu DDR-Zeiten hatten wir 150 und mehr Liter Verbrauch pro Einwohner. Heute ist der Wasserverbrauch so verdammt niedrig. Ich fürchte, bald werden wir noch die Wäsche trocken waschen.“
Als besonderen Glücksfall findet er, dass die Expo-Macher die Super-Idee mit dem Wasserspeicher hatten. Und die Stadt, erinnert er, die hat mitgemacht. „Wohl wissend, dass kein Geld zuviel da ist. Doch das historische Werk ist erhalten. Und es wird genutzt.“
Was er bedauert, sind die Wassertürme, die weg sind. Gesprengt, weil baufällig. Fast alle gebaut in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts oder früher, sind sie allmählich verfallen. „Es wurde ja nie was dran gemacht. Irgendwann mussten sie dann weg“, sagt Störzner, der sich noch an Datum und Uhrzeit erinnert, als der Sandersdorfer Riese auf dem heutigen Platz der Einheit fiel: 18. Dezember 1985 um zwölf.
„Schade - aus heutiger Sicht“, sagt er, „das war schon ’ne tolle Architektur der Wasserwirtschaft.“ Gerettet in einer klasse Aktion indes wurde der Bobbauer Wasserturm. Er ist zwar nicht mehr ganz das Original - aber immerhin. Heute ist er ein Zentrum im Dorf. (mz)