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Warten auf klare Aussagen Warten auf klare Aussagen: Gastwirte und Hoteliers aus dem Altkreis Bitterfeld protestieren gegen die Ungewissheit in der Corona-Krise

Von Tim Fuhse 24.04.2020, 07:52
Küchenchef Tony Matthias und Geschäftsführer Thomas Frauendorf in der Küche von Steudel Catering in Pouch
Küchenchef Tony Matthias und Geschäftsführer Thomas Frauendorf in der Küche von Steudel Catering in Pouch André Kehrer

Muldestausee - Das Jubiläum hatte sich Kathrin Steudel anders vorgestellt. 30 Jahre ist es nun bald her, dass ihr Mann den gleichnamigen Cateringdienst gegründet hat. Doch ob und wie das traditionsreiche Unternehmen aus Pouch den runden Geburtstag im Dezember erleben wird, ist dieser Tage ungewiss.

Veranstaltungen sind wegen der Corona-Pandemie verboten - für Steudel Catering bedeutet das einen abgesagten Auftrag nach dem anderen. „Wenn es so weitergeht, können wir Insolvenz anmelden“, sagt die ehemalige Geschäftsführerin.

Gastronomiebetriebe wie den Caterer trifft die Krise besonders hart. Die Vorschriften von Bund und Land schränken ihr Geschäft seit rund einem Monat stark ein - oder machen es unmöglich. Auch die Lockerungen der jüngsten Landesverordnung haben keine Klarheit gebracht, wann es für die Betriebe weitergeht.

Ab 11 Uhr wollen Gastronomen und Hoteliers ihrem Unmut am Freitag Luft machen

Das wollen Gastwirte aus der Region nicht länger schweigend hinnehmen. Am Freitag organisieren sie eine Protestaktion am Goitzscheufer. Ab 11 Uhr wollen Gastronomen und Hoteliers ihrem Unmut an der Seepromenade zwischen Seensucht-Restaurant und Villa am Bernsteinsee Luft machen. Solche Proteste planen Unternehmen aus der Branche für diesen Tag deutschlandweit.

„Ihnen steht das Wasser bis zum Hals“, sagt Manuela Lott, die das Netzwerk aus Betrieben, Leaders Club und Branchenverband Dehoga vor Ort vertritt. Die Gastronomen bräuchten Planungssicherheit. Schließlich sei Vorlauf nötig, um die Geschäfte wieder auf zu machen. Deshalb fordern die Gastwirte mit ihrer bundesweiten Aktion einen klaren Fahrplan samt Öffnungstermin, auf den sie sich einstellen können. Dazu wollen sie, dass fürs Gastgewerbe eine Mehrwertsteuer von sieben Prozent eingeführt wird und die Zuschüsse für Betriebe aller Größen aufgestockt werden. Auch das Kurzarbeitergeld soll auf 80 Prozent erhöht und für Azubis eingeführt werden.

„Es geht nicht darum, viele Menschen zusammenzubringen“

Diesen Anliegen wird am Freitag auch an der Goitzsche Gehör verschafft. Allerdings nicht mit gewohnten Protestformen. „Es geht nicht darum, viele Menschen zusammenzubringen“, sagt Lott. „Das ist in der jetzigen Situation nicht geboten.“ Stattdessen haben die Gastwirte sich eine Aktion ausgedacht, die Abstands- und Hygienevorschriften achtet. Sie wollen an der Seepromenade leere Stühle aus ihren Betrieben aufstellen, so ein optisches Zeichen setzen. „Bilder sagen mehr als tausend Worte“, meint Lott.

Auch einige Stühle von Steudel Catering werden am Freitag dabei sein. „Quasi als Symbol für die leeren Plätze“, sagt Geschäftsführer Thomas Frauendorf. Er hat den Betrieb im vergangenen Jahr von seiner Mutter übernommen und muss ihn nun mitsamt der 28 Beschäftigten durch die Krise führen. Keine leichte Aufgabe - seit Wochen steht das Geschäft beinahe still. Einzig die notbetreuten Kinder in einigen der hiesigen Kitas versorgt der Caterer weiter. Geburtstage, Jugendweihen und Hochzeiten aber fallen flach, womöglich bald auch die Abibälle. „Unser Geld verdienen wir mit den Veranstaltungen und den privaten Parties“, sagt Frauendorf. Andere Verdienstmöglichkeiten blieben kaum.

Unpräzise Aussagen, Neubewertungen im 14-Tage-Takt - alles zu vage

Man habe kein Restaurant. Und für einzelne Kunden auszuliefern, rechne sich nicht. Auf die beantragten staatlichen Hilfsgelder wartet der Caterer ebenfalls noch. Das ärgert Kathrin Steudel. „Unter Soforthilfe verstehe ich was anderes“, sagt sie. Und auch sonst sind die Poucher unzufrieden mit dem Krisenvorgehen von Bund und Land. Unpräzise Aussagen, Neubewertungen im 14-Tage-Takt - alles zu vage, meint Frauendorf. Auch er wünscht sich Planungssicherheit, „einfach mal einen richtigen Fahrplan“.

Den wird der Geschäftsführer am Freitag einfordern, mit leeren Stühlen an der Seepromenade. Schließlich soll der Betrieb sein 30-jähriges Jubiläum erleben. (mz)