Vom Parkplatz zum Blauen Auge
Burgkemnitz/MZ. - "Ein schönes Badegewässer, nicht nur für die Burgkemnitzer", stellt er fest. Seinen Kleinen würde er aber trotzdem nicht mit hierher bringen, sagt er und zeigt auf den Sand: "Überall Glasscherben, Bierflaschen-Deckel und Zigarettenkippen".
Doch nicht nur solche "Kleinigkeiten" finden sich am "Blauen Auge", wie der Blaue See im Volksmund heißt. An den Müllbehältern warten an diesem Tag schwarze Socken, ein roter Klappstuhl, Pappe von Bierpacks, eine Gaskartusche und anderer Müll auf Abholung. Die auch tatsächlich in einem alten Geländewagen anrollt. Tim Koziol und Florian Czesnat, zwei Zivildienstleistende vom Haus am See in Schlaitz, sind auf Tour entlang des 16 Kilometer langen Naturlehrpfades "Bergbaufolgelandschaft Muldestausee". An Schutzhütten und Sitzgruppen, auf Parkplätzen und an Aussichtspunkten machen sie Halt, ziehen sich Schutzhandschuhe über, wechseln die blauen Säcke in den Papierkörben und laden den Müll ins Auto.
Für die Informationstafeln, auf denen zum Beispiel zu erfahren ist, dass der 1975 geflutete Muldestausee so groß wie der Müggelsee ist, haben sie dabei kaum einen Blick. Dazu gibt es viel zu viel zu tun. Und das finden sie auch ganz in Ordnung, selbst wenn es mitunter etwas riecht oder Wespen mit ins Auto geladen werden. Damit werden die beiden Zivis fertig.
Zu dem neunmonatigen Zivildienst im Informationszentrum für Umwelt und Naturschutz ist der 22-jährige Tim Koziol aus Roitzsch, der als Verpackungsmittelmechaniker in Bitterfeld gearbeitet hat, eher zufällig gekommen. Der Platz sei im Mai noch frei gewesen. Inzwischen hat er das Team vom Haus am See und das ungewohnte Arbeitsgebiet schätzen gelernt. "Ist doch gut, mal nah an die Natur zu kommen", findet er. Auch das Müllsammeln ist für ihn "eine ganz normale Arbeit, die einfach gemacht werden muss". Er gehöre jedenfalls nicht zu denen, die ihren Abfall irgendwo in der Landschaft fallen lassen. "Zumindest den Mülleimer würde ich treffen", versichert er.
Sein Kompagnon Florian Czesnat ist 18 Jahre und hat gerade die Fachoberschule abgeschlossen. Der Wolfener absolviert seine erste Dienst-Woche im Haus am See und hat bereits Gefallen an dem abwechslungsreichen Job gefunden. Weil er noch keinen Führerschein besitzt, ist er als Beifahrer mit dem Dienstfahrzeug des Naturschutzamtes des Kreises Anhalt-Bitterfeld unterwegs - und damit zuständig für das Öffnen und Schließen an den Schranken, die die Einfahrt von Autos in geschützte Gebiete verhindern sollen.
Für die Strecke zwischen dem Einlaufbauwerk in Pouch und dem Auslaufbauwerk in Friedersdorf brauchen die jungen Männer mehrere Stunden. Bei ihrer Rückkehr im Haus am See ist die Ladefläche des Nissan gut gefüllt. "10 bis 15 Säcke kommen schon zusammen, manchmal sind es 20", weiß Freimut Schellberg, Mitarbeiter im Haus am See. Er und seine Kollegen haben schon einiges erlebt in Sachen privater Abfallentsorgung. Auf dem Heideparkplatz Pouch fanden sie zum Beispiel schon Kabelreste, Bauschutt und Teerfässer. "Im Wald lag sogar mal eine mit der Kettensäge zerlegte Schrankwand", berichtet Schellberg.
Aus gutem Grund haben die Mitarbeiter vom Haus am See an einem Behälter vor der Schautafel 4 des Naturlehrpfades einen Zettel angebracht. An dieser Stelle, direkt vor dem Informationszentrum für Umwelt und Naturschutz, hat Schellberg unlängst eine Frau angesprochen, die dort einen Beutel mit Kartoffelschalen los werden wollte. Nun werden die Bewohner von Wochenendhäusern schriftlich gebeten, die eigenen Mülltonnen zu nutzen.
Das wäre auch am Blauen Auge die beste Möglichkeit, den Badestrand sauber zu halten. Doch Glasscherben, Bierflaschen-Deckel und Feuerstellen sind dort nicht die einzigen Probleme. Zu bestimmten Zeiten scheint es dort hoch her zu gehen. Maik Liebe, der Pächter des Angelgewässers, hat vor gut vier Wochen Strafanzeige gestellt, weil Unbekannte Boote losgekettet, beschädigt und versenkt haben. Auch Kai Naumann hat schon diverse Überraschungen erlebt, zum Beispiel einen ins Wasser beförderten Rundgrill. "19 und 20 Uhr müsste hier mal jemand vorbeigucken", meint er. Auch wenn das vielleicht nicht möglich sein wird, für Naumann steht fest: "Für seinen Dreck ist jeder selbst verantwortlich."