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AfD-Kandidat zur Landratswahl in Anhalt-Bitterfeld Volker Olenicak will vom Landtag an die Verwaltungsspitze in Anhalt-Bitterfeld

Volker Olenicak ist Landtagsmitglied. Verwaltungserfahrung hat er nicht. Trotzdem traut sich der Politiker den Job als Landrat zu.

Von Ulf Rostalsky Aktualisiert: 04.06.2021, 16:40
Volker Olenicak (AfD) möchte Landrat von Anhalt-Bitterfeld werden. Den Bitterfelder Bogen versteht er als verbindendes Element.
Volker Olenicak (AfD) möchte Landrat von Anhalt-Bitterfeld werden. Den Bitterfelder Bogen versteht er als verbindendes Element. (Foto: Michael Maul)

Friedersdorf - Brehna, Bitterfeld, Friedersdorf. Für Volker Olenicak sind das mehr als drei Orte auf der Landkarte. Sie sind Lebensstationen: Geburtsort im Mai des Jahres 1966, Ort der Kinder-, Schul- und Jugendzeit, Wohnort. Vor allen Dingen stehen sie aber für Heimat.

Olenicak hat mit dem Begriff kein Problem. „Warum auch?“ Er ist stolz auf seine Herkunft und möchte die Region voranbringen. Nein, er wolle die Welt nicht von Grün auf Blau streichen. „Aber ich möchte Landrat von Anhalt-Bitterfeld werden“, sagt der Mann, der seit 2016 mit AfD-Parteibuch und Bitterfelder Direktmandat im sachsen-anhaltischen Landtag sitzt.

Er sieht sich nicht als treuen Parteisoldaten, vielmehr als unabhängigen und frei denkenden Menschen

Noch. Denn Olenicak kandidiert nicht wieder. „Es hat sich so gefügt“, sagt er. Seinen bisherigen Wahlkreis gibt es in Zukunft nicht mehr. Und mit Daniel Roi und Hannes Loth habe die Partei starke Kandidaten für die verbleibenden Wahlkreise. „Sie sollen es machen, sie sind jung“, erklärt der Wahl-Friedersdorfer. Er müsse ja nicht als Berufspolitiker arbeiten. „Ich habe mein Auskommen“, sagt der Mann, der in Bitterfeld auf Mobilfunk setzt und in eigenen Läden Handys vertreibt.

Aber warum dann Landrat? „Weil ich sehe, dass sich was ändern muss.“ Olenicak sagt diesen Satz nicht zum ersten Mal. Er sieht sich nicht als treuen Parteisoldaten, vielmehr als unabhängigen und frei denkenden Menschen. „Es hat etwas gemacht mit mir, als meine Tochter nach Australien ausgewandert ist und der Sohn nach Kanada wollte. Die haben hier in Anhalt-Bitterfeld keine Zukunft mehr gesehen.

Da habe ich mich eingebracht.“ Der 55-Jährige zog 2014 für die AfD in den Muldestausee-Gemeinderat und zwei Jahre später in den Landtag ein. Jetzt will er Landrat werden und den Kreis zum Prüffall machen. Weil es schön sei hier und man sich auch in Zukunft wohlfühlen solle in der Region. In einer funktierenden Region. Und „in einem Land, in dem Rechtstaatlichkeit gelebt wird.“

„Ein Landrat muss den Kreis immer repräsentieren, vorne stehen“

Olenicak ist in der Jugend gern um die Häuser gezogen. Berufliche Zukunft spielte keine besondere Rolle. Und so landete er auf dem Bau, sattelte nach erfolgreichem Abschluss als Baufacharbeiter aber schnell um. Ging in die Bitterfelder Molkerei, machte einen weiteren Facharbeiterabschluss und heuerte nach der Wende bei den heutigen Anhalt-Bitterfelder Kreiswerken an. Einen Abschluss als Ver- und Entsorger machte er ebenso.

Und nun Landrat. Zu viel für einen Mann, der keinerlei Verwaltungserfahrung hat? Der Friedersdorfer weiß um das Amt. „Ein Landrat muss den Kreis immer repräsentieren, vorne stehen.“ Und er ist als Hauptverwaltungsbeamter Chef einer mehrere Hundert Mitarbeiter großen Behörde mit Standorten in Bitterfeld, Köthen und Zerbst. Dass bei dem Gedanken das Herz in die Hose rutsche, verneint der AfD-Mann. „Landrat ist keine One-Man-Show“, sagt er und hofft auf die Unterstützung der Verwaltung.

Den Kreishaushalt verständlich darstellen, Steuerverschwendungen begegnen, die „ethischen und moralischen Aspekte der Tierhaltung“ kontrollieren

Die will er wie die Wähler von sich überzeugen. „Ich bin ein normaler Mensch, bin ansprechbar, kann mit den Leuten. Ich möchte nicht nur in Problemen denken.“ Dennoch hat Volker Olenicak jede Menge vermeintliche Missstände aufgeschrieben und Hochglanzflyer drucken lassen. „Sozial und mutig im Dienst für unsere Heimat“, will er sein.

Möchte zum Beispiel den Kreishaushalt verständlich darstellen, Steuerverschwendungen begegnen, die „ethischen und moralischen Aspekte der Tierhaltung“ kontrollieren, „Ampelphasen vor Inbetriebnahme von Baustellen an wirklichen Verkehrsfluss anpassen“. Der Kandidat fordert, dass Kreistagsfraktionen Meinungen im Amtsblatt frei äußern dürfen. Und er hat die Schuldigen für allerhand Probleme inklusive eines erheblichen Sanierungsstaus auf Kreisstraßen ausgemacht: die Altparteien.

Manche sagen, er provoziert und lähme mit seinem Fraktionskollegen mitunter die Arbeit

Der Landtagsabgeordnete ist bei diesen Themen schnell im Angriffsmodus. Er polarisiert. Manche sagen, er provoziert und lähme mit seinem Fraktionskollegen mitunter die Arbeit, statt Projekte voranzubringen. Muldestausee-Bürgermeister Ferid Giebler (parteilos) ist einer dieser Kritiker. Olenicak lehnt sich zurück. „Ich muss nicht dem Bürgermeister gefallen.“

Da ist es ihm viel wichtiger, mit Lebenspartnerin die Freizeit auf der eigenen Scholle oberhalb des Muldestausees zu genießen. Dort, wo er den Rasen trimmt und Wert auf ein akkurates Schnittbild legt. Dort, wo er angelt oder ab und an in einem der Drachenboote sitzt.

„Migration spielt in meinem Wahlkampf keine Rolle“

Volker Olenicak ist alles andere als ein ruhiger Mensch. Als die Bitterfelder Geburtenklinik entgültig schließen sollte, vermengte er das Thema mit der nachgewiesen teuren Unterbringung eines islamistischen Gefährders in Friedersdorf. Es war ein Thema, das im Ort kaum bewegte, aber für Schlagzeilen sorgte. Obwohl Klinik und Gefährder finanziell nichts miteinander zu tun hatten.

Erst kürzlich stellte der Anhalt-Bitterfelder AfD-Kreisverband auch im Muldestausee-Ortsteil Mühlbeck ein Großplakat auf und schrieb in fetten Lettern, dass die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht Recht habe mit der Begrenzung von Zuwanderung. Ein Wahlkampfthema? „Migration spielt in meinem Wahlkampf keine Rolle“, erklärt Olenicak. Als möglicher Landrat müsste er nach dem bundesweit geltenden Verteilerschlüssel Flüchtlinge aufnehmen. „Ich glaube nicht, dass das ein Problem ist. Die Frage ist doch nur, wie viele Leute kommen. Und wer.“ (mz)