1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bitterfeld-Wolfen
  6. >
  7. Versorgung in Schulen und Kitas: Versorgung in Schulen und Kitas: Das Zwei-Euro-Essen ist passé

Versorgung in Schulen und Kitas Versorgung in Schulen und Kitas: Das Zwei-Euro-Essen ist passé

Von Felix Knothe 10.11.2014, 11:21
Kinder beim Mittagessen
Kinder beim Mittagessen dapd

Bitterfeld - Die Anbieter von Schul- und Kitaessen im Altkreis Bitterfeld heben ihre Preise demnächst teilweise deutlich an. Als Grund wird der neue gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde genannt. So wird der Großanbieter Sodexo, der in Wolfen eine Küche betreibt und in der Region Bitterfeld-Wolfen 17 Schulen und Kitas beliefert, zum Jahreswechsel deutlich teurer werden. „Wir werden ganz unterschiedliche Erhöhungen durchführen müssen. Das kann sich von Einrichtung zu Einrichtung stark unterscheiden“, sagt Sodexo-Sprecherin Jeanine Haberich.

Konkret geht es wohl um Beträge zwischen 30 und 90 Cent, wie aus verschiedenen von Sodexo belieferten Einrichtungen zu hören ist. Bei bisherigen Essenspreisen rund um zwei Euro ist das ein deutlicher Anstieg. In der Grundschule Holzweißig etwa steigt der Sodexo-Essenspreis zum Jahreswechsel von 2,35 auf 3,05 Euro. Auch andere Anbieter folgen dem Beispiel Sodexos.

Klare Meinung zum Mindestlohn

„Alle Großküchen sehen keine andere Möglichkeit“, sagt Thomas Brauckmann, Inhaber von „Tommy’s Partyservice“ in Wolfen. Er beliefert acht Einrichtungen, darunter das Heinrich-Heine-Gymnasium in Wolfen. Durch den Mindestlohn stiegen nicht nur seine Lohnkosten, sondern auch die Preise der Zulieferer und Entsorger, so Brauckmann. Er wolle seine Preise daher um 20 bis 30 Cent pro Essen anheben. „Wer jetzt noch sagt, er kann für zwei Euro Essen verkaufen, der kann nächstes Jahr zumachen“, ist er überzeugt. Zum Mindestlohn hat er eine klare Meinung: „Die Politik hat sich in die Wirtschaft nicht einzumischen.“

Mehr zum Thema lesen Sie auf der folgenden Seite.

Für die Arbeitnehmer wird die flächendeckende Einführung der Lohnuntergrenze jedoch deutliche Verbesserungen bringen. In der Branche werden bisher sehr niedrige Löhne gezahlt. Unmittelbar betroffen sind zum Beispiel Fahrer, aber auch Mitarbeiter in der Essensausgabe. Oft tun Ruheständler, die etwas dazuverdienen wollen, den Kindern das Essen auf die Teller. 3,20 Euro zahlt beispielsweise ein Betreiber bisher diesen Kräften. Künftig muss auch dafür Mindestlohn gezahlt werden.

Preise können zwischen Einrichtungen variieren

Bei „Bergmann’s Menü- & Partyservice“ aus Löbnitz bei Köthen kommt so das gesamte Gehaltsgefüge in Bewegung. Rund 100 Einrichtungen beliefert die Firma von Inhaber Boris Bergmann nach eigenen Angaben in der Region, auch im Altkreis Bitterfeld. „Ich habe 44 Autos, also brauche ich auch 44 Fahrer. Und wenn ich einem Fahrer mehr zahle, muss ich einem Koch natürlich auch mehr zahlen.“ Das alles werde durch die Preiserhöhung nun aufgefangen. Bei Bergmann steigt der Grundpreis um 25 Cent, kann aber je nach Einrichtung auch anders steigen.

Alternativen zur Preiserhöhung, um die höheren Lohnkosten zu erwirtschaften, sieht Bergmann nicht. „Wir werden an der Qualität des Essens keine Abstriche machen.“ Ähnlich formuliert es die Firma Sodexo. „Wir werden weder Personalabbau durchführen, noch wird es qualitative Einbußen geben“, so Sprecherin Haberich.

Eltern reagieren verständnisvoll

Soweit die Eltern bereits von den Erhöhungen wissen, hält sich die Aufregung in Grenzen. „Ich habe Verständnis für den Schritt“, sagt zum Beispiel Norbert Bartsch, Elternsprecher am Europagymnasium Bitterfeld. „Wenn man sich die Essenspreise anschaut, wäre es auch Jammern auf hohem Niveau.“ An der Grundschule Löberitz (Stadt Zörbig) hat die Schulleitung die Eltern über die 30-Cent-Erhöhung informiert. 2,20 Euro kostet ab 1. Januar das Sodexo-Essen dort. „Die Eltern haben verständnisvoll reagiert“, sagt Schulleiterin Andrea Fälscher. „Ich glaube nicht, dass viele abspringen, denn der Preis ist immer noch günstig.“

Gewerkschaft für politische Subvention

Das Spannungsfeld zwischen guten Löhnen für die Mitarbeiter und sozial verträglichen Essenspreisen sieht man auch bei der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG). „Das Problem ist komplex. Sie können eigentlich ein Zwei-Euro-Essen nicht abwechslungsreich und regional gestalten“, sagt NGG-Sprecherin Karin Vladimirov. „Andererseits sind 8,50 Euro immer noch ein niedriger Lohn.“ Die NGG plädiert daher für eine politische Subvention der Essenspreise - „damit sie nicht ins Unermessliche steigen.“ (mz)