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Verkauf der Thurländer Gaststätte "Zur schönen Linde" Verkauf der Thurländer Gaststätte "Zur schönen Linde": Faschings-Club wurde vor die Tür gesetzt

Von lisa garn 27.12.2014, 16:12
In der Gaststätte „Zur schönen Linde“ fanden bisher die Veranstaltungen des Faschings-Clubs statt.
In der Gaststätte „Zur schönen Linde“ fanden bisher die Veranstaltungen des Faschings-Clubs statt. kehrer/Archiv Kehrer Lizenz

Thurland - Vertrieben aus dem eigenen Ort? Der Thurländer Faschings-Club muss die neue Session 2015 erstmals in Quellendorf, also im Altkreis Köthen, beginnen. Ungute Vorzeichen - der Verein mit 80 Mitgliedern fürchtet um seine Zukunft. Denn seit die Gaststätte in Thurland verkauft wurde, fehlt die Heimstatt. „Wir sind dort nicht erwünscht, das wurde uns eindeutig zu verstehen gegeben“, sagt Vereins-Vize Heiner Gruß. „Wir wissen nicht, wo künftig unsere Veranstaltungen stattfinden sollen. Man fragt sich echt, warum man das noch macht.“

Die 2009 sanierte Gaststätte ist im Herbst dieses Jahres für etwa 22 000 Euro an René Schön verkauft worden. Er sitzt auch für die SPD im Stadtrat. Ob er das Objekt verpachtet hat oder verpachten wird, ist derzeit unklar. Der Verein spricht jedenfalls von einem neuen Pächter, der ihnen den Fasching an ihrem 36 Jahre lang festen Veranstaltungsort verwehrt habe. „Ich habe Angst, dass nun alles auseinander bricht und es immer schwieriger wird, die Leute bei der Stange zu halten“, sagt Gruß. „Von den 80 Mitgliedern sind allein 20 in der Kindergruppe.“

Es rumort hinter den Kulissen

Schön lässt sich auf die Diskussion vorerst nicht ein. „Das Kaufverfahren ist nicht abgeschlossen. Es fehlt noch der Eintrag im Grundbuch, vorher kann ich beispielsweise keine Versicherung abschließen. Zudem stehen Reparaturarbeiten an. Das alles muss jetzt geklärt und umgesetzt werden.“ Im Übrigen habe der Karnevals-Verein auch die Möglichkeit gehabt, das Haus selbst zu kaufen. Ob die Karnevalisten möglicherweise 2016 wieder in der Gaststätte auftreten kann, dazu sagt er: „Man muss miteinander sprechen – aber ehrlich und fair.“ Was genau er damit meint und welche Pläne für das Haus bestehen, wollte Schön nicht beantworten. Ebenso wenig Fragen zu einem neuen Pächter. Ein Name kursiert, doch auf MZ-Nachfrage gab es keine Auskunft.

Hinter den Kulissen rumort es derzeit heftig. Offenbar bestehen im Ort verschiedene Deutungen zum Geschehen. Hinter vorgehaltener Hand werden ebenso Vorwürfe gegen den Verein laut: Er habe sich nicht konkret genug eingebracht. Das bestreitet Heiner Gruß und verweist auf ein Konzept, das alle Vereine im Ort und die Kirche erarbeitet hätten. Ziel: die Gaststätte als Dorfgemeinschaftshaus zu nutzen und so für das Dorfleben zu erhalten. „Im August saßen wir am runden Tisch - alle wollten, dass die Stadt das Gebäude behält und sich der Karnevalsverein um Betrieb und Verwaltung kümmert. Wir hatten dafür zwei Mitglieder.“ Die rund 4 000 Euro Betriebskosten jährlich hätte man mit Mieteinnahmen aus Veranstaltungen sowie aus privaten und gewerblichen Feiern gedeckt.

Verein fühlt sich hintergangen

In Frage gekommen wären dafür auch Versammlungen der Feuerwehr, der Thurländer Pfingstburschen, Ausstellungen des Kleintierzüchtervereins, Sitzungen des Stadt- und Ortschaftsrates. „Das Papier wollte ein Stadtrat dem Rat sowie Bürgermeister vorstellen und für uns durchboxen. Dann erfahren wir vor kurzem zufällig, dass das Haus verkauft ist. Und wir werden vor die Tür gesetzt“, sagt Gruß. „Da fühlt man sich hintergangen.“ Zumal es eine weitere Option gegeben haben soll: „Der Verein hätte das Haus für 11 000 Euro kaufen können. Das hätten wir zusammen bekommen - aber das haben wir viel zu spät erfahren.“

Doch der Raguhn-Jeßnitzer Bürgermeister Eberhard Berger (CDU) widerspricht: „Es gab zwar Signale vom Verein, dass er ein Konzept hat. Aber es wurde der Stadt nie etwas vorgelegt.“ Bereits 2013 habe der Stadtrat den Beschluss zum Verkauf an den Interessenten gefällt. Weil dieser kurzzeitig von seinem Angebot zurücktreten wollte, wollte Berger den Beschluss in diesem Frühjahr aufheben lassen, fand aber keine Mehrheit. Dann stieg der Käufer erneut ein und kaufte schließlich.

Bürgermeister zeigt sich überrascht

„Er hat angegeben, dass das Gebäude weiterhin als Gasthaus genutzt werden soll. Da erwarte ich einfach Ehrlichkeit“, so Berger. Er sei davon ausgegangen, dass sich für den Faschingsverein nichts ändert. „Für mich ist es normal, dass gewachsene Veranstaltungen wie der Karneval in der örtlichen Gaststätte stattfinden.“ Zumal der Käufer mit dem Kaufvertrag auch den derzeit bestehenden Pachtvertrag übernommen habe. „Der bisherige Pächter hat den Fasching in den vergangenen Jahren immer gestattet.“

Dass nun ein Keil zwischen Verein und neuem Eigentümer getrieben ist, überrascht Berger offensichtlich. „Ich hoffe, dass Käufer und Pächter einlenken. Sonst bleibt nur, den Kontakt zu anderen Gaststätten in der Kommune zu suchen. Dabei können wir den Verein unterstützen, wenn er es wünscht.“ (mz)

Verkauft - die Thurländer Gaststätte „Zur schönen Linde“.
Verkauft - die Thurländer Gaststätte „Zur schönen Linde“.
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