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Tierschutzverein Zörbig Rehkitzretter blicken auf erfolgreiches zweites Jahr zurück

Die Ehrenamtlichen des Tierschutzvereins Zörbig bringen Wildtiere vor Agrarmaschinen in Sicherheit. Was sie in diesem Sommer gelernt haben.

Von Robert Martin 28.09.2022, 12:00
Rehkitze haben in den ersten Tagen ihres Lebens noch keinen Fluchtinstinkt.
Rehkitze haben in den ersten Tagen ihres Lebens noch keinen Fluchtinstinkt. (Foto: Claudia Dietrich)

Bitterfeld/MZ - Die Ehrenamtlichen des Tierschutzvereins Zörbig sind ausgezeichnet: In der vergangenen Woche wurde ihnen von Oberbürgermeister Armin Schenk (CDU) der Ehrenamtspreis 2021 der Stadt Bitterfeld-Wolfen in der Kategorie „Retter in der Not“ für die Artenvielfalt des Kreises überreicht.

„Wir waren total überrascht und freuen uns riesig“, erklärt Vereinsvorsitzende Rebecca Hübsch und spricht von einer großen Wertschätzung, die dem Herzensprojekt entgegengebracht werde. Wie ist es ihnen in ihrem zweiten Jahr ergangen und wie blicken sie in die Zukunft?

Tierschutzverein Zörbig: Es begann mit einer Idee

Wildtiere retten in einer von großen Unternehmen und Feldern geprägten Umwelt - das war der Plan, den Rebecca Hübsch, Lena Anton und Anja Gulitz im Frühjahr vergangenen Jahres ins Auge fassten. Einen etablierten Verein, bei dem sie das machen konnten, fanden sie nicht. Also gründeten sie den Tierschutzverein Zörbig im März 2021 und riefen über die sozialen Netzwerke zu gemeinsamen Aktionen auf. Die folgten auch bald, denn die Wiesenmahd stand bevor und Rehe sind besonders schutzlos vor großen Agrarmaschinen. Denn während die Ricke vor den Maschinen flüchtet, verharrt das Rehkitz am Ort, es hat noch keinen Fluchtreflex.

Stolz blicken sie auf ihre zweite Saison zurück: Anja Gulitz, Lena Anton und Rebecca Hübsch  (v.r.) mit Tochter Hanni.
Stolz blicken sie auf ihre zweite Saison zurück: Anja Gulitz, Lena Anton und Rebecca Hübsch (v.r.) mit Tochter Hanni.
(Foto: Robert Martin)

Am Anfang gingen die Ehrenamtlichen morgens vor den Maschinen nur mit einer Menschenkette durch die Felder, doch dabei wurden schlicht zu viele Kitze übersehen. Um die Erfolgsquote zu erhöhen, rüstete der Verein auf und besorgte eine Drohne mit Wärmebildkamera - ohne Fördergelder kaum zu stemmen, denn sie kostet mehrere Tausend Euro.

Wurde ein Kitz entdeckt, wird es behutsam in einem Wäschekorb gesichert.
Wurde ein Kitz entdeckt, wird es behutsam in einem Wäschekorb gesichert.
(Foto: Claudia Dietrich)

Die Drohnen - der Verein besitzt inzwischen drei davon - heben die Arbeit auf eine ganz neue Stufe, erklärt Anja Gulitz. „Es ist einfach nicht mehr so anstrengend, es verbessert unsere Chancen und man muss nicht mehr so viel laufen“, sagt sie. Unglaubliche 757 Fußballfelder - das sind 537 Hektar - haben sie allein in diesem Jahr durchsuchen können. 66 Rehkitze konnten sie dadurch vor einem sicheren Tod bewahren - 2021 waren es 19. Um für Geld und um Mitglieder zu werben, sind sie sehr bemüht darum, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Neben Facebook gehen sie auch in Schulen und zu Vereinsfesten, um über ihre Arbeit aufzuklären. Mit Erfolg - inzwischen zählen sie 62 Mitglieder. „Wir sind total erstaunt, woher die Leute kommen“, sagt Rebecca Hübsch.

Frustration und Hoffnung bei Rehkitzrettern

Dass selbst mit hochmoderner Technik und zahlreichen Händen und Augen nicht immer alles perfekt läuft, ist den Rehkitzrettern auch bewusst. „Meist passiert das, wenn Absprachen nicht geklappt haben“, erklärt Rebecca Hübsch und berichtet von Landwirten, die bei der Ankunft der Rehkitzretter bereits über das Feld fahren. „Einfach frustrierend“ sei das, trotz Vorbereitung nur zuschauen und danach bergen zu können, was von den Rehkitzen übrig bleibt.

Dank der Wärmebilddrohnen konnten die Ehrenamtlichen viel mehr Kitze retten.
Dank der Wärmebilddrohnen konnten die Ehrenamtlichen viel mehr Kitze retten.
(Foto: Claudia Dietrich)

Doch jeder Einsatz spornt weiter an. Was sie gelernt haben? „Dass wir nicht ewig weiter wachsen können“, sagt Rebecca Hübsch. Inzwischen kommen Anfragen aus weit voneinander entfernten Orten wie Merseburg und Burgkemnitz. Als Berufstätige können sie das schlicht nicht alles abdecken. Aber sie können und wollen gern unterstützen - mit Rat und inzwischen viel Erfahrung denjenigen zur Seite stehen, die sich ihre Arbeit zum Vorbild nehmen wollen. Und ganz klar: Im dritten Jahr wollen sie noch erfolgreicher bei der Rehkitzrettung in ihrer Region sein.