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Symbol für die Haushaltsdebakel Symbol für die Haushaltsdebakel: Grundschule in Raguhn bangt um ihren Pool

Von Tilo Krippendorf 17.04.2019, 05:00
Besser spät als nie: Auch im Jahr 2015 gab es Ärger mit dem Schwimmbecken der Grundschule. Erst im Juli konnten die Kinder hineinspringen.
Besser spät als nie: Auch im Jahr 2015 gab es Ärger mit dem Schwimmbecken der Grundschule. Erst im Juli konnten die Kinder hineinspringen. Thomas Ruttke

Raguhn - Es ist ein Luxus, um den die Raguhner Grundschüler von vielen Kindern beneidet werden dürften. Im Hitzesommer 2018 konnten sie dank eines schuleigenen Schwimmbeckens auch mal nach dem Unterricht ins Wasser springen.

Für diesen Sommer sind die Wetteraussichten noch unklar; und ebenso unklar ist bisher auch, ob der Pool in mitten der weitläufigen Grünanlagen der Schule „Am Markt“ in diesem Jahr genutzt werden kann.

Der Grund dafür sind die eklatanten Geldprobleme der Stadt. Und nirgendwo zeigen sich derzeit die Auswirkungen des Finanzdebakels von Raguhn-Jeßnitz so offenkundig wie am Schwimmbecken der Grundschule. Es ist ein Symbol für die verfahrene Situation einer Stadt, die gegen Schulden kämpft und ein ganzes Jahr die Ausgaben drastisch heruntergefahren hat. Bei dem Schwimmbecken geht es um lediglich rund 3.000 Euro Betriebskosten im Jahr, die die Stadtkasse zu sprengen drohen. Das Becken für die Kinder ist für die klamme Stadt derzeit schlicht zu kostspielig.

Der Stadt steht es frei, Wasser ins Becken zu lassen

Denn der Betrieb des Bades, in dem die Schüler schwimmen lernen oder sich während der Hortzeit vergnügen, ist eine freiwillige Aufgabe der Kommune. Der Schulbetrieb selbst ist dagegen eine Pflichtaufgabe. Der Stadt steht es also frei, Wasser ins Becken zu lassen. Luxus eben.

An Luxus kann man sich aber schnell gewöhnen, weshalb beispielsweise schon 2015 Eltern per Unterschriftensammlung Druck aufs Rathaus ausübten. Das Becken blieb leer, weil auch damals die Finanzierung wackelte: Ein städtischer Haushalt wurde spät beschlossen. Erst Ende Juni floss Wasser in den Pool, die Badesaison war da schon halb vorüber. Im vergangenen Jahr das gleiche Spiel - da hatte die Stadt überhaupt keinen Haushalt.

So weit soll es diesmal nicht kommen, trotz des rigiden Sparprogramms. Bernd Marbach (parteilos), Bürgermeister von Raguhn-Jeßnitz, erklärte gegenüber der MZ: „Am 15. Mai wird das Becken eröffnet.“ Der Förderverein der Grundschule soll den Betrieb des Beckens bezahlen. „Wir haben eine Lösung gefunden“, so Marbach. Eberhard Berger, vormaliger Bürgermeister und Vorsitzender des Vereins, sagt: „Die Gesamtkonferenz der Schule hat beschlossen, das von den Eltern pro Kind und Jahr 10 Euro bezahlt werden sollen.“

Am Mittwoch der kommenden Woche ist der Pool  dann Diskussionsthema im Stadtrat

Bei rund 190 Schülern macht das knapp 2.000 Euro, der Rest soll aus Eigenmitteln des Vereins finanziert werden. Die Stadt bleibe Betreiber, allein aus Versicherungsgründen. Marbach sagt zudem, dass sich der Wasserversorger Midewa an den Wasserkosten und den Kosten für die teuren Chemikalien beteilige. Ist also alles bereit für den Sprung ins kalte Wasser? Nicht ganz.

Am Mittwoch der kommenden Woche tagt der Stadtrat von Raguhn-Jeßnitz. Auch der Pool wird dann Diskussionsthema sein. Alles überschattendes Thema ist aber ein Entschuldungskonzept und nach Monaten des Stillstandes ein ordentlicher Haushalt. Werden sich die Räte der Stadt in der letzten Sitzung vor der Kommunalwahl verständigen, könnte bald nicht nur Wasser ins Schwimmbecken, sondern auch wieder Geld in andere Einrichtungen der acht Ortsteile fließen. (mz)

Im Juni 2015 sah das Becken noch so aus.
Im Juni 2015 sah das Becken noch so aus.
Thomas Ruttke