Stunk um Gülle-Lager Stunk um Gülle-Lager: Anwohner protestieren gegen Depot für Düngemittel

Kleckewitz - Gestank, Schwerlastverkehr und den Verfall des Wertes ihrer Immobilien befürchten die Anwohner in Kleckewitz. Ein großer Kran in Sichtweite des Ortes kündet von einer Baustelle, die für Ärger sorgt.
Im Osten des Ortes entsteht gerade auf dem Gelände der Agrargesellschaft Altjeßnitz mbH ein großer, runder Bau. Er misst 35 Meter im Durchmesser und ist etwa fünf Meter hoch. 4.704 Kubikmeter Gülle soll der Behälter fassen, was rund 4,7 Millionen Litern entspricht. Einigen Anwohnern stinkt das gewaltig. Zumal es bei der Genehmigung offenbar Unklarheiten gegeben hat.
„Unsere Grundstücke werden durch das Lager total entwertet“
Bernhard Z. (Name geändert, d. Red.) wohnt 250 Meter von der Baustelle entfernt. Den Kran kann er vom Fenster aus sehen. „Unsere Grundstücke werden durch das Lager total entwertet“, erklärt er. Wegen der Gülle und des zu erwartenden Verkehrs. Gemeinsam mit anderen Anwohnern hat er bei der Stadt Raguhn-Jeßnitz um Aufklärung gebeten.
Doch die Stadt ist für die Genehmigung nicht zuständig. Unter der Baugenehmigung vom Februar steht als Verantwortlicher „Der Landrat“. Zuständig für die Genehmigung ist also der Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Eine Stellungnahme zu dem Sachverhalt gab die Kreisverwaltung am Dienstag allerdings nicht ab.
Grundlegende Bedenken gegen das Gülle-Lager gab es seitens der Stadt Raguhn-Jeßnitz jedenfalls nicht. Das hat zwei Gründe: Bei einem ersten Antrag auf Erweiterung des Agrarbetriebes ging es vor zwei Jahren lediglich um eine sogenannte Trocknungsanlage.
Bauausschuss der Stadt hat nach MZ-Informationen keine Bedenken angemeldet
Bürgermeister Bernd Marbach (parteilos) erklärt: „Die Stadtverwaltung hat bereits damals Hinweise auf mögliche Geruchsbelastung gegeben.“ Diese Hinweise haben allerdings nur geringe Relevanz, denn die Stadt hat in einem solchen Verfahren lediglich eine beratende Funktion und wird von der Genehmigungsbehörde nur angehört.
Ob die Ohren dort geöffnet waren, ist derzeit nicht nachvollziehbar. In einem zweiten Antrag zur Erweiterung des Agrarbetriebes ging es Anfang des Jahres konkret um die Errichtung des Gülle-Lagers. Hier hatte der Bauausschuss der Stadt nach MZ-Informationen keine Bedenken angemeldet und den Antrag durchgewunken. Anwohner Bernhard Z. sagt: „Da hat die Stadt offenbar geschlafen.“
Der Geschäftsführer der Agrargesellschaft Altjeßnitz sieht das künftige Gülle-Lager indes pragmatisch. „Es wird so gut wie keine Geruchsbelästigung geben“, verspricht Heinz Herrmann. Der offene Behälter soll in den Herbst- und Wintermonaten mit Rückständen einer Biogasanlage befüllt werden.
Die Gülle soll aus Markranstädt bei Leipzig angeliefert werden
Das Wort Gülle meidet Herrmann dabei konsequent. Er spricht lieber von „flüssigen Gärresten“, die im Frühjahr auf den Feldern der Agrargesellschaft und anderen Flächen als Dünger ausgebracht werden sollen. Zur Frage, wie viel Hektar mit den rund 4.700 Kubikmetern Gülle gedüngt werden könnten, schweigt er allerdings.
Bisher seien der Dünger direkt von Erzeuger auf die Felder gebracht worden. „Mit dem Lager haben wir nun einen Puffer“, so Herrmann. Die „flüssigen Gärreste“ sollen übrigens aus Markranstädt im Südwesten Leipzigs angeliefert werden. Die Güllemassen der Biogasanlage werden also rund 60 Kilometer durch Sachsen und Sachsen-Anhalt bis nach Kleckewitz gefahren. „In ein paar Wochen wird alles fertig sein“, sagt Herrmann, der laut Handelsregister auch Geschäftsführer einer Agrarfirma im Markranstädter Ortsteil Quesitz und einer Agrarfirma in Lützen ist.
Nachbarn wollen gemeinsam als Bürgerinitiative gegen das Gülle-Lager vorgehen
Das dann zu erwartende hohe Verkehrsaufkommen treibt auch die Kleckewitzer um. Zumal ein öffentlicher Spielplatz direkt an die schmale Zufahrtsstraße grenzt und diese nicht für schwere Lasten ausgelegt sein soll. „Die enge Straße zu dem Unternehmen müssen wir eventuell für den Schwerlastverkehr sperren lassen. Wir suchen dazu das Gespräch mit dem Straßenverkehrsamt“, sagt Bürgermeister Marbach. Die Gülle-Transporter müssten dann quer über einen Weg in Richtung Retzau bis zur Landesstraße fahren. Der Bau des riesigen Gülle-Fasses neben Kleckewitz dürfte sich derzeit jedenfalls kaum mehr stoppen lassen.
Der Kleckewitzer Bernhard Z. will sich nicht damit abfinden. „Mit Nachbarn werden wir jetzt versuchen, eine Bürgerinitiative zu gründen und dagegen vorgehen“, sagt er. Zunächst müssten alle Anlieger über die Ausmaße des Baus neben dem Ort aufgeklärt werden. In den nächsten Tagen sollen deshalb Zettel mit Informationen in den Briefkästen der Nachbarschaft landen. (mz)
