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Stolz auf des Großvaters Widerstand

Von Stefanie Hommers 17.04.2005, 13:50

Wittenberg/MZ. - Am Sonnabend gehört er zu den zahlreichen Teilnehmern einer Tagung der Evangelischen Akademie, die dem Wirken von Dietrich Bonhoeffer gewidmet ist und sich unter dem Titel "Erinnerung an Vergangenes - Verantwortung für Zukünftiges" mit der Ethik des Widerstandes beschäftigt.

Wolfgang Staemmler lauscht einem Mann auf dem Podium, der über Leben und Haltung des Großvaters referiert. Es ist sein Vater Heinz Staemmler, eines von sechs Kindern des Widerständlers und als Theologe in die Fußstapfen des Vaters getreten.

Johannes Staemmler gehört im Dritten Reich zu den Theologen, die sich vehement von den "Deutschen Christen" absetzen. Als Gegengewicht zu dieser Gruppe innerhalb der evangelischen Kirchen, die nationalsozialistische Ideologie und christlichen Glauben miteinander verbinden zu können glaubt, engagiert sich Staemmler in der Bekennenden Kirche, gehört zu den Mitbegründern der Bruderräte und organisiert auch eine von den Deutschen Christen unabhängige theologische Unterweisung in "Ausbildungsstätten, die nicht den Nationalsozialisten hörig waren", wie Heinz Staemmler es formuliert.

Im Rahmen dieser Arbeit lernte er auch Dietrich Bonhoeffer kennen und schätzen. Eine Freundschaft entsteht, Staemmler wird letztlich zum Mitwisser der politischen Aktivitäten seines Freundes. Doch anders als Bonhoeffer gehören die meisten in der Bekennenden Kirche engagierten Christen nicht zum aktiven politischen Widerstand. Darüber sei in den Bruderräten kaum nachgedacht worden, bekräftigt Heinz Staemmler auf Nachfrage: "Das waren mehrheitlich gut bürgerliche Mitglieder, die im ersten Weltkrieg noch als Offiziere gedient hatten."

Die Vertreter des Dritten Reiches sehen das gleichwohl etwas anders. Ihnen gilt das Engagement dieses radikalen Christen als illegal. "Legal kam er eigentlich nur ins Gefängnis", zitiert Heinz Staemmler einen Zeitgenossen seines Vaters. Sieben Mal wird Johannes Staemmler verhaftet, zweimal verurteilt, zuletzt 1943 zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe; nur das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft verhindert, dass der Theologe im Anschluss an diese Strafe, wie geplant, im Konzentrationslager landet.

"Für mich ist die Geschichte meiner Familie in den letzten Jahren immer wichtiger geworden", bekennt Wolfgang Staemmler und fügt hinzu: "Durch die Beschäftigung damit, ist mir mein Großvater und wie er seinen Glauben gelebt hat, näher gekommen." Heute sei es auf eine ganz andere Art schwierig, christliche Werte weiterzugeben - "aber ich versuche es".