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Staffelstab an den Sohn übergeben

Von Dieter Maertins 04.01.2007, 17:17

Wolfen/MZ. - Mehr als 28 Jahre lang hat der 64-jährige Bernd Kosmehl sein Geschäft in der Leipziger Straße von Wolfen geführt. Der in Ottenhain bei Löbau (Sachsen) geborene Augenoptik-Meister hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt und seine Fertigkeiten schließlich 1969 mit der Erlangung des Meisterbriefes nach Studium an der noch heute renommierten Fachschule für Augenoptik Jena gekrönt.

Zum Beruf hat ihn eigentlich der Urgroßvater gebracht. Dessen Faszination für optische Instrumente steckte den Enkel an. Vor allem aber waren es die handwerklichen Anforderungen, die Bernd Kosmehl reizten. Zum Beispiel seinen Kunden keine 0815-Brillen anzubieten, auch mal solche im Modetrend. Dass in der DDR dazu auch Unternehmergeist gehörte, lässt ihn heute schmunzeln. "Da bin ich eben mit bisschen was im Kofferraum hoch nach Rathenow gefahren und hatte auf dem Rückweg auch ein paar andere Kartons im Gepäck als üblich", sagt er.

Am 1. Mai 1979 übernahm Kosmehl sen. das Geschäft von Optiker Schmidt. Er habe vorher schon etwas überlegt, ob er denn den Sprung in die Selbstständigkeit wagen soll. Schließlich hatte er Familie. Sohn Heiko war 1966 geboren worden, Sohn Guido 1975. Wolfens damaliger Bürgermeister, so berichtet Kosmehl, sei sehr daran interessiert gewesen, dass das Geschäft erhalten bleibt und habe ihn bestärkt. Nach einem Jahr konnte sogar eine Fünf-Raum-Wohnung in Wolfen-Nord bezogen werden.

Seit Mitte der 80er Jahre gehört Bernd Kosmehl nicht nur das Geschäft sondern auch das Haus, in dem es betrieben wird. "Ein nachträglicher Lottogewinn", sagt Kosmehl angesichts der Mietprobleme so manches Gewerbebetreibenden heute. Anderes lief nach der Wende geschäftlich nicht so glatt. Reformen im Gesundheitswesen trugen ihr Übriges dazu bei, dass die Sorgenfalten nicht kleiner wurden. "Die Luft ist raus", gibt Kosmehl sen. unumwunden zu. "Jetzt sollen Jüngere ran."

Kosmehl - das ist in Wolfen nicht nur der Optiker-Meister. Seit 1994 ist der Mann Stadtrat. Davor saß er für die FDP im ersten frei gewählten Kreistag Bitterfeld. Er ist eher ein Mann der leisen, wenn auch bestimmten Töne, ein Mann, der im Interesse der Allgemeinheit den Ausgleich und Lösungen sucht.

Das will er auch weiterhin so halten und freut sich schon auf die Aufgaben einer gemeinsamen Stadt. Das Geschäft indes will er ganz in Heiko Kosmehls Hände legen. "Da halt ich mich raus", verspricht er hoch und heilig. Kosmehl jun., seit 1991 selbst Augenoptik-Meister, nimmt es gelassen. Er kennt seinen Vater wohl zu gut.