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Solarwirtschaft in Bitterfeld-Wolfen Solarwirtschaft in Bitterfeld-Wolfen: Ein Jahr Q-Cells unter koreanischer Führung

27.08.2013, 07:20
Ein Schild weist an einer Straße vor einem Solarpark zum "Solar Valley" in Bitterfeld-Wolfen.
Ein Schild weist an einer Straße vor einem Solarpark zum "Solar Valley" in Bitterfeld-Wolfen. dpa Lizenz

Bitterfeld-Wolfen/dpa - Die Retter kamen aus Asien. Quasi in letzter Minute hatte der südkoreanische Hanwha-Konzern vor einem Jahr den Untergang des insolventen Solarherstellers Q-Cells abgewendet. Ein finanzstarker Investor aus Asien und modernste Technologie aus Deutschland - so lautet die Strategie. Doch die Zitterpartie um die Produktion von Solarzellen „Made in Germany“ ist noch lange nicht ausgestanden.

„Es ist eine kritische Phase für die Solarbranche insgesamt“, sagt der Chef des Branchenverbandes Solarvalley Mitteldeutschland, Peter Frey. Viele Solarfirmen sind pleite, Konzerne wie Bosch oder Siemens ziehen sich aus dem Segment zurück. Pioniere wie Q-Cells und auch SolarWorld kämpfen dagegen weiter. Erst in ein bis zwei Jahren werde man sehen, ob die überlebenden Firmen vom Aus der vielen Konkurrenten profitieren können, sagt Frey. Oder ob die Zellen-Produktion komplett ins Ausland wandert.

Beim früheren Weltmarktführer Q-Cells in Bitterfeld-Wolfen stehen die Produktionsanlagen zumindest nicht still. Im Gegenteil. Es wird in drei Schichten gearbeitet. Und statt der im Kaufvertrag genannten 750 zu erhaltenden Arbeitsplätze in Deutschland sind es sogar 780, sagt Sprecher Jochen Endle.

Schwarze Zahlen schreibt Q-Cells nicht, aber man zeigt sich zuversichtlich. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagt Endle. Ziel sei es, bereits kommendes Jahr Gewinn zu machen. Auch im Magdeburger Wirtschaftsministerium zeigt man sich zufrieden. „Die Zusagen, die Hanwha bei der Übernahme von Q-Cells gemacht hat, sind bis dato auch eingehalten worden“, sagt Sprecher Robin Baake. Der Hanwha-Konzern biete sehr gute Voraussetzungen, um den Solarstandort Sachsen-Anhalt zu sichern. Vor genau einem Jahr - am 29. August 2012 - hatten die Gläubiger von Q-Cells dem Einstieg der Südkoreaner zugestimmt.

"Entwicklung der Branche ist weiterhin sehr dramatisch."

Doch auch Q-Cells musste Federn lassen. 200 Arbeitsplätze wurden gestrichen, 134 Mitarbeiter kamen nach Angaben des Bezirkschefs der Gewerkschaft IG BCE, Erhard Koppitz, in eine Transfergesellschaft. Etwa zwei Drittel hätten inzwischen einen neuen Job gefunden. Aber Koppitz warnt vor zu viel Optimismus. „Die Entwicklung der Branche ist weiterhin sehr dramatisch. Wir brauchen ein nationales Konzept für die Solarbranche, gemeinsam mit der Politik“, sagt Koppitz.

Woran Q-Cells mit Hilfe der koreanischen Investoren zumindest bislang vorbeigeschrammt ist, zeigt sich auf dem Industriegelände in Bitterfeld-Wolfen gleich gegenüber. Dort hatte der Solarkonzern Sovello seinen Sitz, der keinen Investor fand. „Wo noch vor einem Jahr über tausend Menschen gearbeitet haben, wuchert jetzt das Unkraut vor der Tür“, sagt Koppitz. Maschinen und Anlagen wurden versteigert, die Hallen sind leer, der riesige Parkplatz verwaist.

Nach Angaben des Branchenverbandes wurde innerhalb der vergangenen zwölf Monate rund jeder vierte Arbeitsplatz in der Produktion von Solarzellen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen abgebaut. Statt 20 000 Jobs bei Produzenten und Zulieferern seien es jetzt noch rund 14 000.

Bei Q-Cells hofft man trotzdem auf eine Zukunft. In der früheren Chemieregion Bitterfeld sei das internationale Zentrum für Forschung und Entwicklung, zudem werden hier pro Jahr Solarzellen mit einer Kapazität von rund 200 Megawatt hergestellt. Die Massenproduktion läuft dagegen in Malaysia, wo noch die alte Q-Cells ein Werk gebaut hatte. Dort liegt die Produktionskapazität bei 900 Megawatt. Q-Cells will der Solarkrise mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen begegnen: Produktionskosten senken, neben Massenware auch Komplettsysteme für Endanwender anbieten und gemeinsam mit dem Mutterkonzern Hanwha den globalen Vertrieb ausbauen, sagt Endle.

Doch das Problem der Solarbranche weltweit bleibt der massive Preisverfall, sagt Branchenexperte Frey. Zwar ist der Handelsstreit zwischen der EU und China im Streit um billige Importmodule beigelegt - doch kein Unternehmen könne derzeit auskömmlich produzieren. Die Herausforderung sei, mit neuen Technologien die Kosten in der Produktion weiter deutlich nach unten zu drücken - und das schneller, als der Geldfluss versiegt.