Solar Valley Solar Valley: Firma Mecotec will Hauptsitz in Thalheim ansiedeln

Thalheim/MZ - Enrico Klauer gehört nach der Talfahrt der Solarbranche zu den ersten Neuansiedlern im Thalheimer Solar Valley. Als Geschäftsführer der Mecotec GmbH verdient er sein Geld aber nicht mit Sonnenmodulen, sondern mit Kältekammern. 3,4 Millionen Euro hat er dafür am Standort investiert. Was es mit der Geschäftsidee genau auf sich hat, veranschaulicht der Auszubildende Peter Schneider. Bis auf die Unterhose entkleidet, öffnet er die Tür zur Kammer und beginnt die dreiminütige Ganzkörperkältetherapie - bei minus 80 Grad Celsius.
„Das Verfahren wurde 1980 in Japan entwickelt“, erklärt Klauer. „Bei der physikalischen Kurzzeitbehandlung wird der Patient bis zu dreimal täglich für eine kurze Zeit extremen Temperaturen bis zu minus 120 Grad Celsius ausgesetzt.“ Die Therapie werde unter anderem bei rheumatischen Beschwerden eingesetzt. „In Studien wurden die positiven Auswirkungen in Bezug auf den Entzündungsprozess, die Schmerzempfindung und die Beweglichkeit der Patienten nachgewiesen.“
Aber auch im Spitzensport würde die Cryoair-Technologie - so der Produktname - zur Leistungssteigerung und zur Regeneration eingesetzt. „Die NBA greift ebenfalls auf die Kältetherapie zurück.“ Dabei handelt es sich um die „National Basketball Association“, also die erste Basketballliga in den USA. Neben dem Team der Brooklyn Nets soll davon ebenso die Mannschaft der Dallas Mavericks bald profitieren. So könnte sich auch Dirk Nowitzki - deutscher Basketballprofi bei den Mavericks - demnächst nach einem NBA-Spiel in einer Thalheimer Kältekammer regenerieren.
Mehr als 1.000 Bewerbungen sind bei Mecotec bislang eingegangen. Bis Ende nächsten Jahres will man 45 Mitarbeiter beschäftigen. Später sollen es dann 80 sein.
Geschäftsführer Enrico Klauer gab an, dass er den Hauptsitz seines Unternehmens nach Thalheim verlagern wolle. Damit würde Mecotec in Bitterfeld-Wolfen zukünftig auch Gewerbesteuern bezahlen.
Der Jahresumsatz des Unternehmens an den Standorten Thalheim und Pforzheim beträgt nach eigenen Angaben vier Millionen Euro. Im Bereich Kältekammern sei man Weltmarktführer.
Wenn die Produktion der wärmeaktiven Dachziegel in Thalheim anläuft, sollen jährlich bis zu 40.000 von ihnen hergestellt werden. Sie können auch für denkmalgeschützte Gebäude eingesetzt werden.
Doch was führt ein etabliertes Unternehmen, das seit 20 Jahren in Pforzheim sitzt, nun nach Bitterfeld-Wolfen? „Das hängt auch mit meiner Geschichte zusammen“, sagt Klauer. „Ursprünglich stamme ich ja aus dem Osten, um genau zu sein: aus Zeitz.“ Aber nach der Wende habe er hier keine Arbeit bekommen. „Also bin ich so wie viele andere auch in die alten Bundesländer gegangen.“ In Baden-Württemberg habe er dann den Grundstein für seine Firma - also Mecotec - legen können. „Ich habe mit einfachen Kaltluftgeräten angefangen.“ Binnen 20 Jahren sei das Unternehmen dann immer größer geworden. „Der Markt für wirtschaftliche und leistungsstarke Kältetechnologielösungen für unterschiedliche Anwendungen in der Industrie und Medizintechnik wächst immer weiter.“ Da er die Firma erweitern wollte, in Baden-Württemberg aber keine entsprechenden Fachleute bekam, habe er wieder den Kontakt nach Ostdeutschland gesucht.
Mit der Unterstützung des sächsischen Unternehmensberatung CS Concept und der sachsen-anhaltischen Investitions- und Marketinggesellschaft (IMG) habe man Anfang des Jahres dann den Sprung ins Solar Valley gewagt. Und so sitzt das auf Kältetechnologie spezialisierte Unternehmen heute dort, wo zuvor noch das Photovoltaikunternehmen Sontor produzierte. „Solch mittelständischen Unternehmen profitieren von der Situation vor Ort“, sagt IMG-Beraterin Andrea Voß. Damit meint sie sowohl die mit den Solarpleiten verbundenen Leerstände in den modernen Gebäuden als auch die gute Lage und Infrastruktur. Neben Fördermitteln in Höhe von 1,7 Millionen Euro sei zudem das Fachkräftepotenzial mit ausschlaggebend gewesen.
„Viele unserer 30 Mitarbeiter haben vorher bereits im Solar Valley gearbeitet“, sagt Klauer. So auch Volker Wiehe. Der ehemalige Anlagenfahrer bei Sovello ist nun Werkstattleiter bei Mecotec. Neben der jetzigen Montage der Maschinen für die Kältekammern wird er zukünftig auch für die Herstellung von „wärmeaktiven Dachziegeln für kombinierte Heizsysteme“ verantwortlich sein. Das ist das zweite Standbein des Unternehmens.
„Dabei handelt es sich um eine Dachdeckung mit integrierter Wärmegewinnung“, sagt Geschäftsführer Klauer. Über die metallischen Ziegel werde die Wärmeaufnahme selbst bei Wind und Regen möglich.
„Durch den Einsatz einer auf unsere System abgestimmten Wärmepumpe erreichen wir einen höchst effizienten Nutzungsgrad - selbst bei niedrigen Außentemperaturen“, wirbt er. Und auch Tamara Zieschang vom Wirtschaftsministerium lässt sich von der Euphorie mitreißen. „Mit der Ansiedlung erhöht sich der Branchenmix.“ Das trage auch zur Stabilität bei.
