Schulkamerad von Händel Schulkamerad von Händel: Gottfried Kirchhoff ist vielleicht Mühlbecks berühmtester Sohn

Mühlbeck - Mit einem berühmten Klassenkameraden lebt es sich nicht so einfach. Musikunterricht unter Friedrich Wilhelm Zachow in Halle - war das nicht? Ja, Händel war es auch, aber Gottfried Kirchhoff, der in Mühlbeck geboren wurde, hatte als Bauernsohn ebenso die musikalische Ausbildung genossen, Schulunterlagen zufolge sogar zusammen mit Halles berühmten Sohn.
In Kirchhoffs Geburtsort werden in der Geschichtsstube im Pfarrhaus die Noten zu einigen seiner Werke aufbewahrt. Die Arbeitsgemeinschaft der Mühlbecker Chronisten war bei der Sammlung des Werkes federführend und in ganz Europa aktiv. Denn ohne Kirchhoff gäbe es die Historiker gar nicht.
Der Klassenkamerad Händels hatte selbst erstaunliche Spuren in der Musikwelt hinterlassen
1984 war für die Chronisten ein wichtiges Jahr, wie sich Ortsbürgermeister Bernd Hieronymus erinnert. „Uns erreichte ein Brief aus Braunschweig. Familie Luther wollte wissen, ob wir etwas zum 300. Geburtstag Kirchhoffs planen“, berichtet Hieronymus. Als Musiker im Symphonieorchester Hannover war die Familie mit zwei Kirchhoffschen Werken in Berührung gekommen.
Das gab den Anstoß für die Chronisten rund um Klaus Kreth, die Archive seiner Wirkstätten über den Komponisten zu durchforsten. Denn der Klassenkamerad Händels hatte selbst erstaunliche Spuren in der Musikwelt des Spätbarock hinterlassen. An der Orgel war Kirchhoff ein Meister und komponierte Kantaten und Chorale, die in der Gewandtheit ihresgleichen suchten.
Erst stellte er seine Kunstfertigkeit in Quedlinburg als Organist unter Beweis, später trat er die Stelle seines verstorbenen Lehrers Zachow als Musikdirektor und Organist in der halleschen Marktkirche an. Diese bekam er nur, weil ein anderer deutscher Barock-Star, Johann Sebastian Bach, diese Stelle ablehnte. Die Besoldung entsprach nicht seinen Vorstellungen. So fiel die Stelle an Gottfried Kirchhoff, der bis zu seinem Tod in Halle wirkte.
In Sankt Petersburg ist eines seiner Notenbücher zu finden, fanden die Chronisten heraus
Auch wenn seine Wirkungsstätte nicht weit von seinem Geburtsort entfernt liegt, soll Kirchhoff als Erwachsener keinerlei Sehnsucht nach seiner Heimat verspürt haben. „Er war wohl nur zweimal in Mühlbeck als Erwachsener“, sagt Ortsbürgermeister Bernd Hieronymus. Ein Reisender war Gottfried Kirchhoff also nicht, doch sein Vermächtnis lässt sich durch ganz Europa verfolgen.
In Sankt Petersburg ist eines seiner Notenbücher zu finden, fanden die Chronisten heraus. Von dort stammt auch Maxim Serebrennikov: Der Doktor der Musikwissenschaft hat zu Kirchhoff geforscht, promovierte am Sankt Petersburger Konservatorium zu dessen Werken und war im Händelhaus Halle zu Studienzwecken.
Die Mühlbecker konnten Kontakt herstellen und Serebrennikov stellte ein Notenbuch zur Verfügung. Zur feierlichen Benennung der Bitterfelder Musikschule hielt der russische Musikwissenschaftler auch einen Vortrag, spielte auf dem Klavier ein Stück von Kirchhoff und besuchte dessen Geburtsort. Jedes Jahr gibt die Musikschule im September ein Konzert in Mühlbeck. (mz)