Eigene Möglichkeiten kennen Finanzcheck: Was darf die eigene Immobilie kosten?
Um den finanziellen Spielraum für einen Kredit abzustecken, ist neben dem Eigenkapital auch die Lebensplanung für die folgenden Jahre entscheidend. Wie Sie prüfen, was Sie sich leisten können.

Köln - Die Lage ist perfekt, die Zimmeraufteilung passt und der Sanierungszustand scheint gut. Aber kann man sich das Einfamilienhaus mit 120 Quadratmetern für 450.000 Euro überhaupt leisten? Wie viel Eigenkapital ist nötig – oder geht es gar ohne? Und wie kann man die maximale Kreditsumme abstecken? Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, um den eigenen Finanzierungsspielraum festzulegen.
Schritt 1: Frei verfügbares Einkommen ermitteln
Um die maximale Kredithöhe berechnen zu können, die man sich leisten kann, ist entscheidend zu wissen, welche monatlichen Kreditraten man sich leisten kann. „Als grobe Faustregel sollte man nicht mehr als 30 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens für die Finanzierungsraten aufbringen“, sagt Ökonom Prof. Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft. Viele Banken legen den Wert aber auch etwas höher, bei 40 Prozent, an.
Solche Faustregeln sind jedoch Durchschnittswerte. Sie berücksichtigen die persönlichen Lebensumstände wie Kinderbetreuungskosten, Zahl der Autos oder individuelle Ausgaben für Hobbys oder Urlaube nicht. Deshalb raten Verbraucherschützer zu einem etwas genaueren Blick auf die eigenen Konten. „Am einfachsten ist es, wenn man dazu die Vermögensstände im Jahresvergleich betrachtet und schaut, wie viel am Ende eines Jahres gespart wurde“, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Sind in dem betrachteten Jahr besondere Einnahmen (etwa eine Bonuszahlung vom Arbeitgeber) oder Ausgaben (etwa eine Hochzeit) angefallen, werden diese aus der Rechnung herausgenommen. Ist bereits absehbar, dass sich die Einkommenssituation in den kommenden Jahren voraussichtlich ändern wird, weil etwa Kindererziehungszeiten anstehen, wird dies ebenfalls berücksichtigt.
„Wer derzeit zur Miete wohnt, kann jetzt noch die jährliche Kaltmiete zu diesem Betrag dazu zählen, denn diese fällt im Eigentum ja weg“, so Nauhauser. Nebenkosten für Heizung oder Strom dagegen werden auch künftig weiter anfallen – und oft sogar höher sein als bislang, weil die Immobilie etwa größer ist oder die Familie noch wächst.
Teilt man den so berechneten, künftigen Überschuss durch zwölf, erhält man die Summe, die man monatlich für die Tilgung eines Kredites einsetzen könnte. „Bei dieser Berechnung sollte man wirklich sehr ehrlich zu sich selbst sein, denn die monatlichen Kreditraten muss man viele Jahre zahlen können“, sagt Michael Voigtländer. Andernfalls läuft man Gefahr, dass die Bank den Kredit kündigt – und die Immobilie verkauft werden muss.
Bleibt monatlich doch mehr Geld übrig als gedacht oder kommt es zu einer Erbschaft, gibt es oft die Möglichkeit, über sogenannte Sondertilgungen den Kredit dennoch schneller abzubezahlen.
Schritt 2: Die Kreditsumme berechnen
Um nun auf die Kreditsumme zu kommen, die sich aus den Kreditraten ergibt, muss man die Bedingungen der Bank kennen, mit der man finanzieren möchte. „Sie setzt die Rahmenbedingungen durch das Zinsniveau und die Tilgungsanforderungen“, sagt Ulf Lassen, Professor für Immobilienfinanzierung an der Hochschule Biberach.
In der Regel werden Immobilien über sogenannte Annuitätendarlehen finanziert. Annuität bezeichnet eine regelmäßig jährlich fließende Zahlung, die sich aus Zins und Tilgung zusammensetzt. Da die Restschuld mit den Jahren sinkt, werden die (zunehmende) Tilgungs- und die (abnehmende) Zinszahlung so errechnet, dass die regelmäßige Gesamtbelastung über die Jahre gleich bleibt, das heißt annuitätisch ist.
Bei einem Zins von vier Prozent mit zehnjähriger Bindung und einer Mindesttilgungsvorgabe der Bank von anfänglich zwei Prozent jährlich ergibt sich beispielsweise eine Annuität von sechs Prozent. Teilt man nun das jährlich frei verfügbare Einkommen (in diesem Beispiel gehen wir von 1.500 Euro pro Monat aus, also 18.000 Euro pro Jahr) durch diese sechs Prozent (also 0,06), kommt man auf eine maximale Kreditsumme von 300.000 Euro.
Wichtig für diese Rechnung ist allerdings noch die Struktur der Annuität. „Das Verhältnis von Zins zu Tilgung bestimmt entscheidend die Amortisationsdauer, also die rechnerische Zeit, bis der Kredit getilgt ist“, sagt Ulf Lassen. Eine geringere jährliche Tilgung etwa verlängert die Laufzeit.
Auf der Homepage der Stiftung Warentest gibt es einen Rechner, mit dem sich das anschaulich zeigen lässt. Hier wird empfohlen, schon von Anfang an möglichst viel zu tilgen – und zwar mindestens zwei, besser drei Prozent pro Jahr.
Ein weiterer Rat: Bis zum Renteneintritt sollte der Kredit möglichst abbezahlt sein, weil sich dann die Einkommensverhältnisse ändern. „Legt man eine typische Lebenslaufplanung bis zum Ruhestand zugrunde, kommt man auf eine pragmatische Faustformel von maximal 30 Jahren für die Abzahlung eines Immobilienkredits“, sagt Ulf Lassen.
Schritt 3: Das Eigenkapital prüfen
Nun kostet ein Haus nicht nur den Betrag, der in der Anzeige steht - in diesem Fall also 450.000 Euro. Es kommen noch die sogenannten Erwerbsnebenkosten dazu für Grunderwerbsteuer, Notarkosten und gegebenenfalls den Makler. „Ganz grob betragen diese Kosten 10 bis 15 Prozent der Immobilienkosten“, sagt Niels Nauhauser. Sie hängen jedoch stark vom jeweiligen Bundesland ab und davon, ob überhaupt ein Makler eingeschaltet wird oder nicht. „In Bayern sind es ohne Makler beispielsweise nur fünf Prozent“, sagt Michael Voigtländer.
Es empfiehlt sich, diese Kosten aus dem Eigenkapital zu stemmen – und nicht aus der Kreditfinanzierung. Wer auch diese Kosten finanzieren möchte, erhöht damit das Risiko für die Bank. Denn den Erwerbsnebenkosten steht kein pfändbarer Immobilienwert gegenüber. Das lässt sich die Bank mit einem erheblich höheren Zinssatz zahlen - sofern sie dafür überhaupt ein Finanzierungsangebot macht.
Weiteres Eigenkapital ist als Rücklage für anstehende Sanierungen wichtig. Wie hoch dieser Betrag ausfällt, hängt stark von Alter und Zustand der Immobilie ab. „Wenn man auch energetisch etwas machen muss, sollte man aber mit 1.000 Euro pro Quadratmeter rechnen“, sagt Michael Voigtländer. Um hier einen realistischen Wert zu erhalten, empfiehlt er vor dem Kauf einer Immobilie mit Handwerkern zu sprechen.
Bleibt also für die zu finanzierende Beispiel-Immobilie im Wert von 450.000 Euro folgende Übersicht:
- Da die Beispiel-Immobilie in einem gut sanierten Zustand ist, werden hier lediglich 10.000 Euro für den Kauf einer neuen Küche sowie für neue Möbel angesetzt.
- Hinzu kämen bei zehn Prozent für Erwerbsnebenkosten zudem noch einmal 45.000 Euro.
- An nötigem Eigenkapital ergeben sich daraus für das Beispiel 55.000 Euro.
- Hinzu kommen 150.000 Euro, die über die berechnete Kreditfinanzierung von 300.000 Euro nicht abgedeckt wären.
- Es wären also rund 205.000 Euro an Eigenkapital nötig, um die gewünschte Immobilie mit ihren 120 Quadratmetern solide finanzieren zu können.