1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bitterfeld-Wolfen
  6. >
  7. Schnitte an der Schnittstelle: Schnitte an der Schnittstelle: Neuer Haltepunkt am Bahnhof Wolfen offiziell eröffnet

Schnitte an der Schnittstelle Schnitte an der Schnittstelle: Neuer Haltepunkt am Bahnhof Wolfen offiziell eröffnet

Von Tilo Krippendorf 01.05.2019, 10:00
Viele Scheren waren für die offizielle Eröffnung der Verkehrsschnittstelle in Wolfen nötig.
Viele Scheren waren für die offizielle Eröffnung der Verkehrsschnittstelle in Wolfen nötig. André Kehrer

Wolfen - Ein Privileg von Chefs ist es, die Arbeit anderer zu preisen - und die Lorbeeren einzuheimsen. Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) blieb das am Montag in Wolfen aber verwehrt. Die Scheibenwischer seines Ersatz-Dienstwagens verweigerten im Harz den Dienst.

Der Minister blieb mit dem Auto also im Regen stehen. Ausblicke auf die Zukunft des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) gab es bei der offiziellen Eröffnung der Schnittstelle am Montag trotzdem. Dort rollten die Züge und Busse.

Mit dem lang ersehnten Multi-Haltepunkt ist Wolfen bestens gewappnet. So jedenfalls sieht das Rüdiger Malter, der Geschäftsführer der Gesellschaft Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt (Nasa), die für Sachsen-Anhalt den ÖPNV organisiert. „In Wolfen gibt es aus verkehrspolitischer Sicht eine Idealsituation“, erklärt Malter und meint die kurzen Wege.

„Das hat man ganz selten, dass sich Bus und Bahn sogar einen Bahnsteig teilen“

Wer hinter dem Bahnhofsgebäude aus dem Bus steigt, könne direkt in den Zug wechseln. „Das hat man ganz selten, dass sich Bus und Bahn sogar einen Bahnsteig teilen“, erklärt der Nasa-Chef. Nur wenige Meter trennen die beiden Verkehrsmittel. Wo man in anderen Städten Hunderte Meter vom Zug zum nächsten Bus sprinten muss, reichen in Wolfen nur ein paar Schritte unter einem neuen Dach. Auch andere Verkehrsmittel sind angebunden: Der Parkplatz bietet auch zwei Ladesäulen für Elektrofahrzeuge, reichlich Abstellmöglichkeiten für Fahrräder sind ebenso vorhanden.

Dass der Bau mit einigen Querelen verbunden war, bleibt auch bei der Eröffnung nicht unerwähnt (siehe „Probleme und Querelen“). Oberbürgermeister Armin Schenk (CDU) erklärte: „Ich hoffe, dass sich für die Gewerbetreibenden nun alles zum Guten wendet.“ Und die Händler im Inneren des Empfangsgebäudes sind erleichtert, dass der Bau-Marathon überstanden ist. Die Gemüsehändlerin Tran Thu Hien sagt: „Ich merke, dass jetzt wieder mehr Kunden kommen.“ Gegenüber, im Fischgeschäft Strandläufer, erzählt eine Angestellte von den vergangenen Bau-Monaten: „Das war schon hart. Wir hoffen, dass jetzt wieder mehr Kunden den Weg zu uns finden.“

Am Umfeld des Bahnhofs in Wolfen wird auch die kommenden Monate noch gearbeitet

Gebaut wird nichtsdestotrotz weiter, denn das Umfeld des Bahnhofs soll sich noch weiter entwickeln. Besonders der Vorplatz wird in diesem Jahr sein Gesicht verändern. Das versichert Ortsbürgermeister André Krillwitz (Pro Wolfen), dem auch das Bahnhofsgebäude gehört. Im Mittelpunkt stehen dabei die Bauarbeiten an der Innenfläche. Dort soll ein Spielplatz entstehen. Außerdem sollen hier auf einem Gleis die umstrittene Lokomotive, die einst vom Bitterfelder Bahnhof hierher wechselte, sowie ein Güterwaggon stehen.

Die Lok wird noch sandgestrahlt und neu gestrichen. Und auch ein seit 30 Jahren ungenutzter Güterwagen muss aufgearbeitet werden. Bis August soll alles fertig sein - einschließlich der Pflasterung. Später sollen die Straße und die umlegenden Fußwege folgen.

So eng Bus und Bahn in Wolfen auch verzahnt sind, in Sachen Tickets bleiben sie entfernt, wie Verkehrsmittel auf zwei Planeten. Denn die Bahn im Landkreis Anhalt-Bitterfeld wird ab Dezember unter der Ägide des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (MDV) geführt. Auf der anderen Seite der Schnittstelle, am Bus, gilt aber weiterhin der regionale Tarif. Der Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg-Tarif wird ab Dezember abgeschafft. „Wir hoffen, dass sich der Landkreis Anhalt-Bitterfeld an den MDV anschließt“, sagt Nasa-Chef Malter. Ob es so kommt, muss der Kreistag entscheiden. (mz)

So bedeutend das Bauprojekt Schnittstelle Wolfen für die Infrastruktur der Stadt ist, so groß waren die Probleme beim Bau und der daraus resultierende Ärger. Ursprünglich sollte das Vorhaben Mitte 2017 abgeschlossen sein. Doch mehrfach kam es dabei zu Verzögerungen. Auch die Kosten stiegen in die Höhe. Laut Oberbürgermeister Armin Schenk (CDU) wurden allein 5,2 Millionen Euro Fördermittel beantragt. Besonders die 60 Meter lange Dachkonstruktion sorgte für unerwartete Schwierigkeiten.

All das führte dazu, dass sich die Arbeiten mit der Sanierung der Bahnhofstraße, die sich ebenfalls verzögerte, überlagerten. Für betroffene Händler eine Verschärfung der Lage eintrat. Auch die Nutzer des ÖPNV waren sauer. Deshalb wurde im Dezember 2018 aus dem Stadtrat heraus die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss laut. Letztlich wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die mit dem OB die Probleme und Kostensteigerungen unter die Lupe nehmen sollte. Auch mögliche Schadensersatzforderungen schloss die Stadt nicht aus.

Wie Arbeitsgruppen-Mitglied Sandor Kulman (Linke) im Ortschaftsrat Wolfen mitteilte, hat die Arbeitsgruppe bereits getroffen. Vertreten sind darin alle Fraktionen außer Kommunal.Sozial und WLS-FWH-FWG-SPD. Erste Probleme seien bereits deutlich geworden.

Bis August soll auch das Umfeld des Bahnhofs fertiggestellt werden.
Bis August soll auch das Umfeld des Bahnhofs fertiggestellt werden.
André Kehrer