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Rückkehr ins normale Leben

Von Ulf Rostalsky 09.07.2008, 16:30

Bitterfeld/MZ. - Szabo hat eine Bauchlandung erfahren, auf die er liebend gern verzichtet hätte. Der gelernte Lager- und Transportarbeiter war als ebensolcher bei einem großen Versandhaus tätig, wurde betriebsbedingt gekündigt, versuchte danach sein Glück als Leiharbeiter. Irgendwann war auch das vorbei. Jahrelang war der Vater zweier Kinder arbeitslos, mit Bewerbungen hatte er keinen Erfolg. Job weg, kein Geld, irgendwann die private Insolvenz und Wohnungslosigkeit. "Lieber nicht mehr daran denken", sagt der 37-jährige Wolfener heute.

Er ist ein Beispiel für die Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt nur schwer wieder Fuß fassen. "Multiple Vermittlungshemmnisse", benennt Bärbel Wohmann, Chefin der Arge SGB II im Landkreis Anhalt-Bitterfeld, das Problem. Doch es gebe Lösungen, ihr Haus würde die Eingliederung der Betroffenen in das normale Arbeitsleben unterstützen - auch finanziell. Für insgesamt 200 Einzelfälle stehe der Arge Geld zur Verfügung, mit dem über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren 75 Prozent des Arbeitsentgeltes sowie ein pauschalierter Zuschuss des Arbeitgeberanteils an der Sozialversicherung gezahlt werden könnten.

Dennoch hinkt die Arge ihren eigenen Ansprüchen hinterher. Erst neun Fälle wie Szabos gebe es. "Wir haben noch Reserven. Aber wir sind guter Hoffnung. Immerhin haben schon 19 Unternehmen auf das Angebot reagiert, wollen sich intensiver beraten lassen", so Wohmann. Tatsächlich ist die "JobPerspektive" kein Lotteriespiel für Arbeitgeber. Funktioniert es nicht, besteht auch keine Pflicht zur Weiterbeschäftigung oder Rückzahlung von Mitteln.

Reinhard Menzel ist Projektleiter des Sozial- und Behindertenservices und vollends überzeugt von seiner Wahl für Raik Szabo. "Was natürlich nicht heißen muss, dass das ein Freifahrtschein ist." Aber bisher mache er seine Sache hervorragend. "Ich muss schon immer auf die Bremse treten. Unsere Senioren wollen immer nur mit Herrn Szabo fahren. Das geht natürlich auch nicht." Menzel liebt die Ehrlichkeit, weiß um die Vorgeschichte seines neuen Mitarbeiters. Es zähle aber viel mehr, dass er die Chance ergreife, sein Leben wieder zu ordnen. Dass Szabo mit älteren und behinderten Menschen kann, freut den Sobs-Leiter besonders. Das hätte man nach dem kurzen Vorstellungsgespräch erahnen, allerdings nicht wissen können.

Raik Szabo ist heute beim Sobs einer derjenigen, die mit dem Kleinbus Transporte übernehmen, für ältere Menschen einkaufen. Das setzt Vertrauen voraus, und Organisationstalent. "Zehn Einkaufszettel und alle wollen am Ende auch noch das passende Kleingeld zurück. Das musst du lernen", weiß Menzel. Für Szabo ist es die Chance. "Aber warum sollte er die auch nicht bekommen?"