Raguhn-Jeßnitz Raguhn-Jeßnitz: Die Stimmung zwischen Stadtrat und Bürgermeister kippt

raguhn-jessnitz - An der Mulde kippt die Stimmung. Immer lauter wird im Raguhn-Jeßnitzer Stadtrat von Bürgermeister Eberhard Berger (CDU) konsequentes Handeln als Verwaltungsleiter eingefordert. Die Situation ist nicht gänzlich neu: Vor zwei Jahren gipfelten die Auseinandersetzungen zwischen Stadträten und Bürgermeister sogar in einem anstrebten Abwahlverfahren.
Als dies vom Tisch war, schien Ruhe eingekehrt an der Mulde. Nun ist aber offensichtlich die Geduld aufgebraucht. „Es wird zu oft mit verdeckten Karten gespielt“, macht Stadtrat Manfred Dreißig (SPD) seinem Herzen in der jüngsten Stadtratssitzung Luft. Beim Unternehmer aus Thurland schrillen seit geraumer Zeit die Alarmglocken. Die Art und Weise, wie mit Nachträgen beim Bau der Jeßnitzer Hauptstraße verfahren wurde, brachte jetzt das Fass zum Überlaufen.
„Wir sind doch alles vernunftbegabte Menschen“, sagt Dreißig. Er kann und will sich nicht mit der Rolle einer „Marionette der Verwaltung“ abfinden. Es könne nicht sein, dass der Rat immer wieder im Nachhinein deren Entscheidungen absegnen müsse. Hintergrund des Unmuts ist die Freigabe von weiteren 35 000 Euro für die Sanierung der Jeßnitzer Hauptstraße (die MZ berichtete). Dass die Ausgabe angesichts zusätzlicher Arbeiten nach dem Auffinden alter Tankstellentanks nötig war, zweifelt kein Stadtrat an.
Hinter verschlossenen Türen
„Aber wer hat denn den Auftrag ausgelöst?“, schiebt Manfred Paulik (CDU) hinterher. Die Antwort gibt es hinter verschlossenen Türen, die jüngste Sitzung des Stadtrates wurde unterbrochen. Über Vergaben möchte Eberhard Berger nur nichtöffentlich reden. Nach MZ-Informationen hat der Bürgermeister selbst den Auftrag ausgelöst und sich dafür eine Rüge des Stadtrates eingehandelt.
Der Unmut ist mit der Jeßnitzer Hauptstraße nicht aufgebraucht. „Wann gibt der Bürgermeister eine Erklärung zu Zielen und Ideen für 2015 ab?“ Das fragt AfD-Stadträtin Sarah Sauermann. Berger versucht aus dem Stehgreif eine Rede über die schwierige Personallage und die finanziell angespannte Situation. Zu wenig. „Das kann man nicht nebenbei machen“, rügt Manfred Dreißig den Bürgermeister und stellt fest: „Wir sind wieder da, wo war schein einmal waren. Nichts wird fertig, nirgends kommt ein Haken dahinter.“
Die Kritik reicht vom bis heute für den Ortsteil Raguhn fehlenden Abschlussbericht zum Hochwasser 2013 über die Verfahrensweise beim Umsetzen einer flächendeckenden Breitbandversorgung bis zur klaren Beschreibung der Aufgaben der Mitarbeiterin für Wirtschaftsförderung und Öffentlichkeitsarbeit.
Weihnachtsfrieden gibt es nicht
Nany Höhne hat diese Stelle im November angetreten und beginnt offensichtlich bei Null. Sie will eine Datenbank von Firmen erstellen, die in der Stadt angesiedelt sind, plant Treffen mit Unternehmen. Mittel für diese Aufgaben sind allerdings nicht im Haushalt eingestellt. „Das läuft über meinen Verfügungsfond“, erklärt Berger.
Raguhn-Jeßnitz wird auch 2015 lange auf einen Haushalt warten müssen. Nach einem von der Kämmerei aufgestellten Zeitplan wird der neue Etat wahrscheinlich im Februar im Haupt- und Finanzausschuss beraten und dem Stadtrat zur Information vorgestellt.
Sollte die Kämmerei einen ausgeglichenen Haushalt aufstellen können, dürfte das Papier im März zum Beschluss erhoben werden. Ansonsten steht eine Konsolidierungsberatung und erst im Mai ein endgültiger Beschluss an.
Bis zur Genehmigung des Haushaltes kann die Kommune nur die Aufgaben erledigen, die bereits vertraglich geregelt und damit unabweisbar sind. (ur)
Unternehmer Dreißig schüttelt den Kopf. Die neue Mitarbeiterin solle die Fragen nicht persönlich nehmen und sie als Hilfe verstehen. Dass eine Wirtschaftsförderin als einzige Informationsquelle im Amt die Tageszeitung und Amtsblätter habe, sei allerdings wirklich viel zu wenig. „Und schauen Sie sich bitte den Internetauftritt an. Der ist wirklich ausbaufähig“, legt Sarah Sauermann nach.
Weihnachtsfrieden gibt es nicht in Raguhn-Jeßnitz. „Wir müssen vorwärts kommen“, sagt Dreißig. Berger nimmt die Kritik an. Mehr nicht.