Porträt-Ausstellung am Ratswall Porträt-Ausstellung am Ratswall in Bitterfeld: Fotografie als Blick in die Seele

Bitterfeld - Ist Fotografie lediglich ein Handwerk oder kann sie Kunst sein? Diese Frage beantwortet sich von selbst, lässt man sich auf die derzeit in der Galerie am Ratswall in Bitterfeld ausgestellten Bilder der in Radebeul lebenden Fotografin Gabriele Seitz ein.
Dabei hat Seitz niemals Kunst studiert, die Diplompädagogin ist im wahrsten Sinne Autodidakt. Die sympathische Frau, deren bayerischer Dialekt nach über 20 Jahren in Sachsen noch durchblitzt, lacht. „Ich bin da so reingerutscht. Und es ist immer intensiver geworden“, sagt sie und erzählt von ihren ersten Arbeiten mit der Kamera.
Dazu ist sie, die den Kunstverein Radebeul mit gegründet hat, über die Dokumentation der Vereinsarbeit gekommen. „Da musste ich ja fotografieren. Als eines Tages der Chef des Ausländerrates mich bat, für das Begegnungszentrum zu fotografieren, war das der erste ernsthafte Schritt hin zur Fotografie.“
Er war es auch, der sie drängte, endlich ihre Arbeiten auszustellen. „Tja, keine Ahnung, da hab ich’s gemacht. Und ich hab ’ gemerkt: Porträt - das ist es.“
Viele bekannte Gesichter blicken die Besucher der Ausstellung am Ratswall an
Porträts im großen Format sind jetzt auch in Bitterfeld zu sehen. Es sind ausschließlich Dresdner Künstler - Maler, Keramiker, Bildhauer, Musiker, Schauspieler -, die sie ins Bild gesetzt hat und die sie in ihrer ureigenen Welt zeigen: Den Jazzer Günter „Baby“ Sommer an seinem Schlagzeug natürlich, den Schauspieler Rolf Hoppe nach einer Szene, Malerin Tanja Pahl in ihrem Atelier, Textildesignerin Annerose Schulze inmitten ihrer ungewöhnlichen Stickereien.
Andere wieder wie Wolfgang Petrovsky und Frank Voigt, Elke Hopfe, Werner Wittig oder Claus Weidenhöfer zeigt sie als ganz klassisches Frontal-Porträt vor dunklem Hintergrund.
Übrigens: Der Betrachter, sofern Vernissagen in der Bitterfelder Galerie zu seinem Leben gehören, wird in bekannte Gesichter blicken. Sämtliche Künstler haben irgendwann hier schon ausgestellt.
„Gabriele Seitz’ Porträts sind wie ein wunderbarer Gegenentwurf zu egomanischen Selfies“
All ihre Arbeiten haben eins gemeinsam: Sie sind entstanden mit Herz und Verstand. Und das ist wörtlich zu nehmen. Denn sie bleiben nicht an der Oberfläche. Seitz hat sich ausgiebig mit den Menschen beschäftigt, sich ihnen genähert und künstlerisch zugewandt.
Der Blick der Fotografin geht tiefer. Er findet das Charakteristische, das, was den Porträtierten ausmacht: die Genauigkeit und Strenge von Elke Hopfe zum Beispiel, die Fröhlichkeit von Annerose Schulze, das Verschmitzte von Wolfgang Smy.
Ralf Lau, bis 2015 Kulturbürgermeister von Dresden, hat es so ausgedrückt: „Gabriele Seitz’ Porträts sind wie ein wunderbarer Gegenentwurf zu egomanischen Selfies.“ Fast möchte man hinzusetzen: sinnentleerten Selfies.
Analoge Fotografien, ausschließlich in Schwarz-Weiß
Gabriele Seitz hat ein unumstößliches Prinzip: Sie fotografiert analog und das ausschließlich in Schwarz-Weiß. Das ist nicht nur wohltuend fürs Auge des Betrachters. Das hat einen Sinn. „Bei Porträts stört mich die Farbe“, sagt sie.
„So kommt die Person besser zur Geltung. Der Betrachter kann sich auf das Wesentliche konzentrieren.“ Da reizt sie diese Karte gleich ganz und richtig aus: Analog fotografiert Gabriele Seitz, „weil ich die Schwärze des Handabzugs will“.
Bis zum 5. November sind die Fotografien von Gabriele Seitz in Bitterfeld zu sehen. Die gezeigten Arbeiten sind neben weiteren in dem Buch „Dresdener Künstler im Blick. In 190+9 Ateliers“ veröffentlicht. (mz)
