Platanen platzen auf Platanen platzen bei Bitterfeld auf: Bäume werfen wegen massiven Wassermangels Rinde ab

Bitterfeld/Raguhn - Bäume und Menschen haben eins gemeinsam. Wenn sie zunehmen, platzen sie aus den Nähten. Beim Menschen ist es der Hosenknopf, beim Baum die Rinde. Viele große Bäume, vor allem Platanen, werfen derzeit jedoch sehr große Rinden-Platten ab. Bürger schlagen Alarm. Sie befürchten ein Absterben der Riesen. Doch wie gefährdet sind die Bäume wirklich? Und warum verlieren sie ihre Rinde?
Der Baumsachverständige Thomas Eisel aus Mühlbeck kennt die Situation gut. „Im Wald und bei den Straßenbäumen herrscht momentan Stress. Die Bäume haben Durst und können die Blätter nicht halten“, erklärt er.
Doch er kann Entwarnung geben: Was gerade bei den Platanen sehr krank aussieht, sei normal. „Die Bäume sind gesund, auch wenn ihnen aufgrund des fehlenden Regens in den letzten Wochen jede Menge Wasser fehlt.“ Der Grund für das großflächige Abwerfen von Rindenteilen sei die vermehrte Wasserspeicherung des Baums.
Die Bäume beginnen Ende Juni meist schon mit der Nahrungsspeicherung für den Winter
Doch die Vorgänge in diesem Sommer sind trotzdem ungewöhnlich. „Eigentlich schalten die Gewächse ab der Sommersonnenwende, wenn am 21. Juni der längste Tag und die kürzeste Nacht zu verzeichnen sind, auf Nahrungsspeicherung.“ Soll heißen: Sie beginnen, sich für die dunkle Jahreszeit ein Polster zuzulegen. In der derzeitigen Trockenperiode laufe jedoch alles viel schneller ab.
Darum beeile sich der Baum, um Reserven anzulegen. Die grünen Blätter werden aufgrund des fehlenden Wassers abgeworfen. Die Folge: Die Fotosynthese, also die Nahrungsgewinnung des Baumes durch das Sonnenlicht, wird geringer. Das wenige zur Verfügung stehende Wasser werde im Stamm abgelagert, was zu einem Dickenwachstum führe, so Eisel. Dadurch werde die Haut, also die Rinde, zu eng und platze ab. „Das ist ein völlig natürlicher Vorgang, der in diesem Jahr nur früher und vor allem schneller und großflächiger abläuft.“
„Der Baum denkt an sein Überleben und schaltet auf Sparflamme“
Gut zu beobachten ist dieser Prozess an den großen Platanen, die in Bitterfeld zum Beispiel in der Friedens- oder Wittenberger Straße stehen. Aber auch an der unter Naturschutz stehenden Allee von Raguhn nach Jeßnitz ist der Boden mit abgeplatzten Rindenbrocken übersät. „Ähnliches passiert auch an den anderen Bäumen“, so Eisel. Nur an Linden oder Birken sehe man es nicht so deutlich. Erkennbar sei aber bei diesen der jetzt schon beginnende Laubabwurf. Dadurch würde die Verdunstungsfläche verringert und das verbleibende Wasser im Baum gespeichert.
„Der Baum denkt an sein Überleben und schaltet auf Sparflamme.“ Als Beispiel nennt Eisel eine Birke, die am Tag rund 400 Liter Wasser verdunstet. „Wenn die Blätter fehlen, ist natürlich auch die Fläche kleiner und das restliche Wasser, dass über die Wurzeln teils metertief aus der Erde gezogen wird, kommt in den Speicher. Dabei hätten die Laubbäume einen Vorteil, da sie sogenannte Tiefwurzler sind. Nadelbäume hingegen seine Flachwurzler und würden ihren Wasserbedarf aus den oberen Bodenschichten ziehen - die derzeit völlig ausgetrocknet seien. (mz)
