Piratenschiff auf der Goitzsche Piratenschiff auf der Goitzsche in Bitterfeld: Die "Reudnitz" startet in die neue Saison

bitterfeld - Es ist einer dieser Tage nach Maß für Ingo Otto. Die Sonne scheint, die Temperaturen sind angenehm. „Hoffentlich ein gutes Omen“, sagt der Skipper und macht noch einen letzten Check auf dem Motorsegler „Reudnitz“. Die Maschine läuft. Die neue Flagge ist befestigt. Schwimmwesten sind an Ort und Stelle. Die Kanone ist gerade rechtzeitig von der technischen Überprüfung aus Suhl zurück. „Es kann losgehen“, blickt Otto voraus. Mit Ehefrau Simone an der Seite startete der Skipper am Sonnabend in die neue Saison.
Es ist die 13. auf dem Großen Goitzschesee. „Hoffentlich wird es wieder eine so gute wie die letzte.“ Ingo Otto hält nicht viel von Aberglauben. Die 13 könne doch Glück bringen. „Die ersten Rundfahren sind ausgebucht.“ Eine Gruppe aus Leipzig und Umgebung hat das Schiff gechartert. Weitere Gäste kommen hinzu.
Ingo Otto ist Goitzsche-Pirat und Skipper auf dem Motorsegler „Reudnitz“
Es läuft. Ingo Otto ist auch 2018 der Pirat der Goitzsche. Er trägt Kopftuch, Pluderhose, Weste. Hat Messer und Pistolen bei der Hand, raucht Pfeife. Er liebt die Rolle, will sie und sich auch nicht ändern. „Die Leute freuen sich darauf. Sie sehen in der Reudnitz von Anfang an das Piratenschiff. Ich find’s in Ordnung.“
Die Piratenflagge flattert im Wind. Otto gibt den rauen Seebären. Hinter den Kulissen hat er sich an klare Regeln zu halten. Kein Problem. Ordnung müsse nun einmal sein. Und deshalb greift der Pirat vorm ersten Böllerschuss zum Handy, informiert die Polizei. Niemand soll Schlimmes befürchten an der Goitzsche.
Die „Reudnitz“ ist anders als alle anderen Schiffe auf der Goitzsche
Der Start in die Saison kommt dem Skipper gelegen. Er liebt das Wasser mehr als die Zeit an Land. Denn die stand zuletzt für einen Knochenjob. Die „Reudnitz“ ist ganz sicher optisch anders als alle anderen Schiffe auf der Goitzsche. Aber auch sie muss gewartet und repariert werden, braucht die technische Überprüfung.
Bevor der Gutachter alles kritisch beäugte, wurde ordentlich Hand angelegt. Der Unterwasseranstrich ist neu. Unter Deck sorgt in der kälteren Jahreszeit ab sofort eine Dieselheizung für Wärme. „Es gibt eigentlich immer was zu tun. Hier steht nie alles still.“
Eine normale Tour mit dem Goitzsche-Piraten dauert anderthalb Stunden
Ingo Otto ist zufrieden. Der Motor läuft rund. Das Ablegemanöver kann beginnen. Vorher wird noch kräftig mit dem Signalhorn gegrüßt. Die vorbeifahrende „Vineta“ und die Besucher der Goitzsche sollen wissen, dass der Pirat wieder auf Tour geht.
Experimente gibt es auch nach zwölf Jahren auf der Goitzsche nicht. Die normale Tour dauert anderthalb Stunden. Zeit genug, um über den See und seine Ufer zu berichten. „Da blicke ich schon einmal voraus. Eine Ferienhaussiedlung auf der Halbinsel Pouch: Das darf man doch erwähnen.“
In einer anderen Angelegenheit holt Ingo Otto deutlich weiter aus. Er lobt „Lucia“, den neuen Stern auf der Goitzsche, in höchsten Tönen. Er war selbst dabei, als das Schiff von Düsseldorf nach Bitterfeld überführt worden war. Der Blick geht übers Wasser. „Da ist er, der verrückte Andreas Beuster. Der hat ,Lucia’ hierher geholt.“
„Reudnitz“ ist einziger Hochseelastensegler auf einem See
Verrückt? Ist das nicht zu derb? Der Skipper sagt Nein. „Ist doch verrückt, einen Hochseekatamaran auf einen Binnensee zu holen. Genauso verrückt wie wir waren, als wir unser Schiff holten.“ Die „Reudnitz“ sei der einzige Hochseelastensegler auf einem See. Das müsse schon gesagt werden.
Die Goitzsche ist Ottos Revier. Er will sie nicht missen. „Sie ist besonders. Ich muss den Leuten immer wieder sagen, dass das hier ein Tagebau war. Wenn du es nicht weißt, siehst du das nicht mehr.“ Kurzes Luftholen und ein weiterer Böllerschuss. „Seensucht“ und Villa sind passiert. Jetzt geht es hinaus auf See. (mz)
Die MS „Reudnitz“ wurde 1890 als Zwei-Mast-Segler in Groningen in Holland gebaut. Das 26 Meter lange, gut und gern fünf Meter breite und 82 Tonnen schwere Schiff war über Jahrzehnte im Wattenmeer unterwegs.
Vor 40 Jahren kam es nach Deutschland und wurde mehrfach umgebaut. Seit 2006 ist es als Passagierschiff auf der Goitzsche im Einsatz und bietet als solches bis zu 70 Gästen Platz.
Das Schiff legt außer am Montag täglich ab. Wochentags steht es allein für Charterfahrten zur Verfügung. An den Wochenenden beginnen die Rundfahrten jeweils 13, 15 und 17 Uhr.
Skipper Ingo Otto und seine Ehefrau Simone empfehlen Fahrgästen dringend, Plätze im Vorhinein zu buchen.
Informationen im Netz unter www.msreudnitz.de sowie per Telefon unter 0172/7 97 90 55.

