Neun Stationen auf 34 Metern Neun Stationen auf 34 Metern: Eisenbahn erfüllt im "Goitzsche Eleven" in Holzweißig Getränkewünsche

Holzweißig - Herr Ober, ein Bier bitte. In der Holzweißiger Sportgaststätte „Goitzsche Eleven“ müsste man sagen: „Herr Stationsvorsteher, bitte ein Getränk.“ Das klappt und kurz darauf nähert sich mit leisem Schnaufen eine Lokomotive mit vier Hängern, auf denen die begehrten Getränke stehen. Dann heißt es: Gläser runter! - Knopf drücken! Und ab geht es zurück zum Tresen.
Bei den Gebrüdern Mehlhorn stehen die Signale oft auf Grün. Der Grund dafür ist die Eisenbahn, die den Gästen ihre Getränke bis an den Tisch liefert. Frei Haus praktisch. Und wie von Geisterhand gesteuert, hält der Zug und bewegt sich anschließend zurück zum Bahnhof in Richtung Theke. Die Idee zu dieser originellen Bewirtungsform hatte Sascha Mehlhorn, der gemeinsam mit seinem Bruder Daniel die Gaststätte seit dem April des vorigen Jahr betreibt.
„Ich habe diese Variante im Spreewald einmal gesehen. Dabei ist mir sofort die Idee gekommen, in unserer Gaststätte auch solch eine Bahnstrecke zu bauen“, sagt Sascha Mehlhorn. Gesagt, getan und so sei man auf der Suche nach einer geeigneten Bahn gegangen. „Es musste schon etwas Größeres sein, damit man auch mal vier volle Gläser transportieren kann.“ Und so sei man auch im Bitterfelder Nähmaschinenservice Reinhardt Hensel in der Mühlstraße fündig geworden. Eine Gartenbahn Spur G sollte es dann sein.
„Man muss nur noch die Tischnummer drücken und schon rollt der Zug zum Gast“
„Für den Aufbau der 34 Meter langen Strecke mit neun Stationen an den Tischen haben wir ungefähr vier Wochen gebraucht“, erklärt Mehlhorn. Den Untergrund aufbauen, Gleise verlegen und Verkabeln, alles habe man in Eigenregie erledigt. „Allein 500 Meter Elektrokabel sind in der Strecke verbaut.“ Die Abfahrt der Zugeinheiten werde von der Bedienung gestartet, der Halt an den Tischen erfolgt elektronisch. „Man muss nur noch die Tischnummer drücken und schon rollt der Zug zum Gast.“
Doch nicht nur der Zug mit den Getränken ist sehenswert, auch für die Gestaltung der Bahnstrecke haben sich die Brüder etwas einfallen lassen. Alte Straßenlampen beleuchten die Gleise und bevor der Zug über eine Brücke rollt, steht ein Trabi an den Schranken, die sich bei der Anfahrt automatisch schließen. Die Wände sind mit Bildern des Bergbaus dekoriert.
„Wir haben von ehemaligen Bergleuten Geschenke bekommen, die wir zur Ausgestaltung der Gaststätte verwenden durften“, freut sich Mehlhorn. Sogar eine echte Holzweißiger Bahnuniform hänge derzeit an der Wand. Ein Beweis dafür, dass die Idee ankommt.
Die Elektronik lässt die Züge langsam an den Tischen zum Stehen kommen
Nur größer hätte man die Anlage nicht bauen können, um eventuell auch Teller durch den Raum zu chauffieren. „Dann hätte wir die Kurvenradien in den Ecken größer gestalten müssen, was uns jede Menge Platz genommen hätte“, weiß der Gastronom.
Eine Herausforderung habe man dank der Steuerspannung von 12 Volt und der Elektronik auch lösen können, freut sich Mehlhorn. „Wenn der Zug kurz vor dem Tisch ist, wird die Spannung verringert und die Wagen halten langsam an.“ Abruptes Bremsen würde das Getränk sicher zum Ausschwappen bringen, meint er lachend.
Eine besonderer Wagen für Geburtstagskinder und kleine Gäste
Aber auch für besondere Gelegenheiten sei man gerüstet. So stünde im Bahnhof eine Wageneinheit bereit, die für Geburtstagskinder interessant sei. „Wenn dieser Zug am Tisch ankommt, erklingt das Lied ’Happy Birthday’ und auf dem Hänger steht dann das Getränk“, beschreibt er eine Sonderzug-Variante. Die andere sei ein Coca-Cola-Anhänger mit Süßigkeiten, der speziell für die kleinen Gäste gedacht sei.
Eine Idee haben die Brüder für die Zukunft noch. „Wir würden gern die Wände an den Tischen mit Bildern von ehemaligen Orten, die der Braunkohle zum Opfer gefallen sind, dekorieren. Da fehlen uns aber die entsprechenden Bilder. Vielleicht gibt es ja Gäste, die uns etwas geben können“, wirbt Mehlhorn für eine weitere Deko-Variante. Dann könne es bald heißen: „Bitte ein Bier nach Niemegk.“ (mz)
