Neues Angebot in Burgkemnitz Neues Angebot in Burgkemnitz: 800 Bücher locken in lauschige Bücherlaube

Burgkemnitz - Gießkannen, Gartengeräte, Klappstühle - in einer Laube wird vielerlei aufbewahrt. Aber eine ganze Bibliothek? „Warum denn nicht“, meint Peter Arning. Der frühere Bauamtsleiter von Bitterfeld-Wolfen und seine Tochter Juliane lieben Bücher und wollen diese Leidenschaft mit anderen teilen. Und so ist in Burgkemnitz die erste Bücherlaube wohl in ganz Deutschland entstanden.
Ganz neu ist die Idee zwar nicht. „Die rote Telefonzelle in Schmerz, wo man Bücher einstellen und ausleihen kann, hat uns inspiriert“, erzählt Arning. Doch eine Telefonzelle zu besorgen, sei nicht ganz einfach. Auch der notwendige Transport vom Zentrallager in Potsdam koste.
„Deshalb hat mich eine Tochter überzeugt, stattdessen eine Fertigteillaube für die Bibliothek zu besorgen.“ Dass diese in Einzelteilen geliefert wurde, war für den gelernten Schlosser kein Problem. Denn seit er vor zwei Jahren in den Ruhestand ging, sei er auch leidenschaftlicher Tischler. „Der Geruch von Holz gefällt mir.“
Drinnen wurden an drei Seiten Regale eingebaut
Nachbarn halfen, die Teile zuvor mit Holzschutzmittel zu streichen, damit auch die Verbindungstellen der Laube vor der Witterung geschützt sind. Und nun steht sie da, die Bücherlaube mit Trapezblech-Dach, direkt vor Arnings Vorgarten in der kleinen Straße Am Tunnel, auf eigenem Grund mit Bewegungslicht.
Für sicheren Stand ließ Arning den Boden pflastern. Drinnen wurden an drei Seiten Regale eingebaut. Die großen Teile schnitt ein befreundeter Tischler zu, gestrichen wurden die Bretter im Keller mit der Tochter.
Juliane Arning hat Mediendesign studiert und ein Auge für Farben und Formen. Für die Bücherregale wählte sie ein Metallicgrau, das edel wirkt. Auch die Foliengestaltung der Glasfenster in den weißen Türrahmen und die Idee, außen einen extra Schriftzug gestalten zu lassen, stammen von ihr. Und neben der Laube steht eine Bank. Da könnte man gleich mal schnupperlesen.
„Jeder kann Bücher vorbeibringen. Die werden gestempelt und ins Regal gestellt.“
Die Fortschritte wurden per WhatsApp-Status oder Instagram geteilt. Kein Wunder, dass schon in der Bauphase erste Bücher eintrudelten. Doch erst mit der offiziellen Eröffnung vor zwei Wochen ging es richtig los.
„Inzwischen sind wir ziemlich voll“, sagt Arning - und freut sich über die unerwartet große Resonanz. Rund 800 Bände stapeln sich in den Regalen. Genug Material zum Stöbern. „Hier findet jeder was“, glaubt der 65-Jährige. Klassiker, Reclamheftchen, leicht vergilbte Bände aus DDR-Zeiten und neuere Ausgaben, aber auch Krimi, Kitschroman oder anspruchsvolle Prosa - fast alles ist vorhanden.
Und wie funktioniert das Ganze nun? „Jeder kann Bücher vorbeibringen. Die werden gestempelt und ins Regal gestellt“, sagt Arning. „Und jeder kann auch Bücher, die er lesen will, mitnehmen.“ Zurückbringen muss man sie nicht. „Die meisten machen das aber.“ Der Stempel mit der Aufschrift „Tauschexemplar. Unverkäuflich. Offene Bücherlaube Burgkemnitz“ solle bloß verhindern, dass jemand mit den gespendeten Büchern Geld macht.
Vielen in Burgkemnitz kommt die Bücherlaube vor der Tür gerade recht
Arning selbst hat eine ganze Reihe der Ostfriesen-Krimis von Klaus-Peter Wolf und auch einige Bücher der DDR-Schulliteratur beigesteuert. Sogar etliche Bände der Herz-Schmerz-Schmöker von Hedwig Courths-Mahler fehlen in der Bücherlaube nicht. „Die liest gerade meine 91-jährige Mutter - jeden Tag ein neues.“
Der Bedarf, so zeigt die rege Nutzung der Laube, ist da in Burgkemnitz. Wirklich wundern kann sich Arning darüber nicht. Denn eine Bibliothek wie zu DDR-Zeiten - „Ich habe damals dort fast alle Bücher gelesen“ - gibt es hier schon lange nicht mehr. Man müsste nach Bitterfeld-Wolfen oder ins Buchdorf Mühlbeck-Friedersdorf fahren. Da kommt vielen die Bücherlaube vor der Tür gerade recht.
Selbst Muldestausee-Bürgermeister Ferid Giebler (parteilos) war schon hier
Selbst Muldestausee-Bürgermeister Ferid Giebler (parteilos) war schon hier. „Er stand plötzlich einfach da und hat auch ein Buch mitgebracht.“ Giebler wählte aus seinem eigenen Regal „Die Spur des Bienenfressers“ von Nii Parkes.
Und lieh sich für seinen Urlaub ebenfalls einen Krimi aus: „Ich habe mich für die Abenteuer von Sherlock Holmes entschieden“, teilt der Bürgermeister auf Instagram mit und nennt das ehrenamtliche Projekt „einen weiteren Geheimtipp für einen Besuch in Burgkemnitz in unserer Gemeinde Muldestausee“. (mz)
Die Bücherlaube steht in Burgkemnitz, Am Tunnel 6.