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Neubau in der Innenstadt Neubau in Bitterfeld: Ärchologen machen überraschende Funde zwischen Töpferwall und Burgstraße

Von Michael Maul 19.10.2016, 07:00
Das Kellergewölbe stammt etwa aus dem Jahr 1870.
Das Kellergewölbe stammt etwa aus dem Jahr 1870. Michael Maul

Bitterfeld - Ulf Petzschmann hat zufrieden seine Koffer gepackt. Vier Wochen lang ging es für den Vorsitzenden des Anhaltischen Fördervereins für Naturkunde und Geschichte tief hinab. Mit sechs Kollegen hat er den Untergrund zwischen Burgstraße und Töpferwall untersucht, auf dem jetzt die Bauarbeiten für ein neues Haus der Neuen Bitterfelder Wohnungs- und Baugesellschaft (Neubi) beginnen sollen.

Dabei haben sie in der Tiefe überraschende Entdeckungen gemacht.

Keramik aus der Neuzeit im Boden

„Unsere Grabung im Auftrag des Landesamtes für Denkmalschutz war sehr erfolgreich“, zieht Petzschmann eine erste Bilanz. Wer habe zuvor schon damit gerechnet, dass man zum Beispiel einen mittelalterlichen Brunnen aus dem 14. oder 15. Jahrhundert freilegt, der noch mit Holz eingefasst war.

Oder eine große Menge an glasierten Kacheln entdeckt, die aus der Zeit um 1870 stammen könnten. Aber auch Keramik aus dem Neolithikum, also der Jungsteinzeit, sei bei den Grabungen wieder ans Tageslicht geholt worden.

„Solche Funde sind für uns und auch das Kreismuseum in Bitterfeld sehr interessant und wichtig“, weiß der Grabungsleiter. Denn sie holen vergessene Geschichte zurück.

Funde sprechen für historische Töpferschmiede

Informationen aus der nahen Vergangenheit finde man meist in Archiven. Was aber noch weiter zurückliege, sei oft nicht mehr nachvollziehbar. Kriege und verheerende Feuersbrünste hätten oft die historischen Unterlagen vernichtet. Deshalb seien solche Grabungen wie an der Burgstraße sehr wichtig, um Erkenntnisse aus der Geschichte zu erhalten.

So überraschte die große Zahl an Kacheln und Scherben von Tonteilen, die dort in der Erde lagen. Durch diese Funde könne man nun davon ausgehen, dass vor vielen Jahren an dieser Stelle Kacheln produziert wurden. Diese Annahme bestätige auch der Fund eines Brennofens. Bislang wusste das niemand mehr. Doch nicht umsonst hießen die Straßen um die Fundstelle Töpferwall, Töpfergasse und Töpferstraße, denkt sich der Archäologe.

So gingen die Archäologen vor

Doch wie geht man bei solch einer Grabung vor? Zuerst werde mit einem Bagger ein so genannter Prospektionsschnitt quer über das zu untersuchende Gelände gezogen. Durch die Funde an dieser Schnittstelle könne man dann gezielter suchen. Gerade an dieser Stelle in Bitterfeld, die als die älteste gelten soll, habe man viel erreicht und könne mit neuen Erkenntnissen zur Geschichte beitragen. „Das war hier so etwas wie Grundlagenforschung“, sagt Petzschmann.

Die gute Zusammenarbeit mit der Bitterfelder Baufirma ETB habe den Archäologen bei ihrer Arbeit sehr geholfen. Ein Bagger sei immer zur Stelle gewesen, der die Erdmassen bis zu 80 Zentimeter Tiefe abgetragen habe. Dann folgte die Handarbeit mit Spaten, Kelle und Pinsel. Das Ergebnis: Jede Menge Kisten und Kartons mit Fundteilen und hunderte Fotos.

Fundstücke wandern ins Landesamt für Denkmalpflege

„Diese wandern jetzt ins Landesamt für Denkmalpflege und werden katalogisiert und genauer untersucht“, beschreibt Petzschmann den weiteren Weg der Funde. Die Ergebnisse würden später sowohl im Denkmalamt als auch im Kreismuseum Bitterfeld zu sehen sein. Wann das genau sein wird, hänge auch davon ab, wie schnell man genaue Erkenntnisse erlangt.

Auch Neubi-Geschäftsführerin Birgit Wielonek ist gespannt auf die Ergebnisse. „Das interessiert mich natürlich und wenn alles klappt, werden wir die Funde vielleicht auch den Mietern der neuen Häuser einmal vorstellen können“, sagt sie. Jetzt habe aber erst einmal der Neubau Vorrang. „Die Archäologen haben inzwischen alles eingepackt und wir beginnen mit den Bauarbeiten für unseren Neubau.“ (mz)

Die Grabungen sind abgeschlossen. Jetzt haben die Bauarbeiter das Feld übernommen und bauen für die Neubi Wohnungen.
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André Kehrer
Tonscherben zeugen von einer längst vergangenen Kultur.
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Michael Maul