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"Märchenland Wörlitz" "Märchenland Wörlitz" in Altjeßnitz: Praktische Magie einer fantasievollen Kostümgestalterin

Von Frank Czerwonn 28.07.2019, 12:00
Christiane Walsch (l.) und Andreas Lehrer haben auch das Pfauenkostüm geschaffen.
Christiane Walsch (l.) und Andreas Lehrer haben auch das Pfauenkostüm geschaffen. Frank Czerwonn

Altjeßnitz - Im grünen Grasanzug schiebt der Rasengärtner seine Schubkarre über die Lustwandelwege im Gutspark Altjeßnitz, unter den alten Bäumen schlägt ein menschlicher Pfau sein Rad, Kobolde treiben Schabernack mit Besuchern, Spinne und Grashüpfer sorgen bei Kindern für Spaß.

Die fantasievollen Figuren sind jedes Jahr neben dem Hofstaat des Barons von Ende optische Glanzpunkte des barocken Sommerfests. Erst vor knapp zwei Wochen erzielte das Spektakel einen neuen Besucherrekord. Doch die beliebten Figuren würden den Park nicht bevölkern ohne Christiane Welsch von der Truppe „Märchenland Wörlitz“. Sie kreiert die Kostüme und lässt sie mit ihrem Mann Andreas Lehrer Wirklichkeit werden.

Christiane Welsch ist die Frau hinter den Kostümen im Gutspark Altjeßnitz

„Es muss gut aussehen und funktionieren“, umreißt die 57-Jährige aus Oranienbaum ihren Anspruch. „Der Pfauenschwanz zum Beispiel soll sich ja leicht zum Rad öffnen lassen. Oder der blumige Kopfschmuck der Elfen, der muss leicht sein, damit die Trägerinnen keine Kopfschmerzen bekommen.“ Doch woher kann sie all dies? „Ich bin gelernte Maßschneiderin“, verrät sie ihr Geheimnis.

Zu DDR-Zeiten hat die gebürtige Lindauerin (bei Zerbst) Modegestaltung und Konstruktion in Berlin studiert. Anschließend entwarf sie im Modehaus Altenburg Kollektionen für die Bekleidungsindustrie. Dort leitete sie auch den Jugendmodeklub und lernte Mitte der 80er Jahre ihren Mann kennen. Nach der Wende kam sie ans Diakonissen-Krankenhaus in Dessau, schneiderte die Diakonissenbekleidung. Inzwischen ist Walsch dort Regionaleinkäuferin.

Mit Schickimicki-Mode hat sie nichts am Hut. „Es ist nicht mehr so wichtig, dass ich selber wie aus dem Ei gepellt herumlaufe.“ Viel lieber steckt sie ihre Kreativität in die Kostüme.

Bis zu 50 Stunden brauchen sie allein für ein Blumenkostüm

Die Anfänge der Truppe liegen im Jahr 2003. „Da waren wir beim ,Frühlingserwachen’ in Wörlitz mit drei Blumen und zwei Schmetterlingen dabei.“ Später kam das Märchen für den Weihnachtsmarkt hinzu. Aus einem Kurzauftritt von Schneewittchen und einigen Zwergen wurden richtige Inszenierungen, die an drei Tagen rund um den 1. Advent in Wörlitz aufgeführt werden. Immer ein Grimmmärchen, das bis zu sechs Mal am Tag gespielt wird.

Doch auch beim barocken Gartenfest in Altjeßnitz sind sie längst Stammgäste. „Die Atmosphäre hier ist wunderbar. Man spürt überall die Liebe zum Detail.“ Immer wieder denkt sich Walsch deshalb neue Figuren aus, die in die Altjeßnitzer Natur passen.

„Meist habe ich schon im Kopf, wer das Kostüm tragen wird.“ Maßschneiderei quasi. Und mit Andreas Lehrer, der bis vor ein paar Jahren in Altjeßnitz auch die Tontechnik betreut hat, feilt sie an der praktischen Umsetzung bis ins Kleinste. „Wir sind da ein bisschen verrückt“, sagen beide. Bis zu 50 Stunden brauchen sie allein für ein Blumenkostüm. Ohne technisches Faible gehe da nichts. Viele Materialien kommen zum Einsatz: Neben Stoff und Glitter auch Polystyrol und Bauschaum. „Da wird so manches zweckentfremdet.“ Das gilt übrigens auch für die aufwendigen Kulissen zum Weihnachtsmärchen. Kaum aus Altjeßnitz zurück, feilt das Duo schon an der nächsten Inszenierung. Wo? „Im Urlaub am Ostseestrand. Da kommen mir stets die besten Ideen.“ (mz)