1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bitterfeld-Wolfen
  6. >
  7. Männerballett: Männerballett: Grazile Elfen mögen Bonner Bonbons

Männerballett Männerballett: Grazile Elfen mögen Bonner Bonbons

Von Brigitte Mittelsdorf 08.11.2002, 16:54

Thurland/MZ. - "Jede Frau greift uns an den Busen." Na, so was! Wie und wo ist denn das möglich! Doch die Empörung hält sich in reichlich engen Grenzen: Die zehn Grazien des Thurländer Männerballetts fühlen sich zeitweilig - und vor allem in der närrischen Zeit - ziemlich wohl im weiblichen Outfit. Blond allesamt, die Locken auf die Wangen gezupft, das Lächeln zuckersüß. Und so wenig wie möglich auf der Haut. So kennt man sie im Thurländer Karnevalsverein, denn dorthin gehören sie.

Doch kürzlich sind sie ausgeflogen in die weite Welt westwärts. Nach Bonn. Und haben sich mit anderen männlichen Grazien im Tanz gemessen bei der 1. Deutschen Meisterschaft der Männerballette. Ja, so etwas gibt es ab jetzt, denn die ganze Sache soll sich im nächsten Jahr wiederhohlen (die MZ berichtete). Nun sind sie wieder zurück: "Es war umwerfend toll."

Und sie kennen jetzt auch viele neue tanzverliebte Männer. Die Bonner Bonbons zum Beispiel oder die Bordsteinschwälbchen aus Langendernbach. Der Kontakt soll per Internet bleiben. Immerhin sind es Gleichgesinnte, und wer weiß, vielleicht gibt es ein Wiedersehen.

Obwohl es anstrengend gewesen ist dort in Bonn. "Aber kein Patzer", sagen die Männer, "Tunnelblick voll auf die Jury, vom Publikum haben wir nichts gesehen."

Und das Gemeine: Kurz vor dem Auftritt der Thurländer brauchten die Juroren dringend eine Pause. "Und wir waren da schon total nervöse Wracks." Mit Muskelkater übrigens, denn so oft wurde noch nie geprobt. Aber auch davon haben sie nichts mehr gespürt, als sie an der Reihe gewesen sind. Viele Ballette hatten ihre Schlachtenbummler dabei. Die Thurländer auch: "Vier Getreue," sagen sie, "mit Sachsen-Anhalt-Fahne." Geblieben ist der Teilnehmerpokal und die Gewissheit, den siebenten Platz belegt zu haben. "Den bekamen alle", sagt Heinz Gruß, "die nicht auf die Plätze 1-6 kamen. Nur die wurden gewertet."

Heinz Gruß ist es auch, der die Idee mit dem Männerballett hatte. Mitte der 80er. "Ich bin rumgegangen im Dorf, und sie haben alle ja gesagt", meint er. "Nach einer Flasche Schnaps", sagen die Gründungsmitglieder Manfred Guschke, Frank Behrend und Frank Fröhlich. Die anderen - Thomas Rothbart, Uwe Römling, Stephan Meyer, Andreas Möbius, Roland Weber, Bodo Ingbeer - kamen später dazu. Verführt von Schönheit und Anmut. Und sie werden weiter tanzen.

Denn: "Wenn die Zuschauer lachen, ist das der beste Lohn." Und: "Spaß", sagen sie, "es ist einfach ein schöner Spaß." Auch wenn die Strapse erst relativ spät gekauft wurden, weil die so teuer sind. Und man immer Angst hat, dass die Strümpfe kaputt gehen beim Anziehen. Und die Tochter des Vollzugsbeamten Möbius es gar nicht gern sieht, wenn der Vater auf der Bühne eine Dame mimt. Und Guschke extra noch mal Tanzstunden nahm mit seiner Frau. Keine Hürde ist zu hoch für das Ballett, das bisher 15 Tänze einstudierte. Was die neue Session bringt, verraten sie nicht. Nur so viel: Die Kostüme sind rosa. Huch, wie schön.

Und auch weiterhin werden keine Zugeständnisse an die verdrängte Männlichkeit gemacht. Nur zwei: Der Bart bleibt dran und keine Hackenschuhe. Erstens gibt es die nicht in diesen Ausmaßen und zweitens: "Die Unfallgefahr ist viel zu hoch", beteuern alle.

Wunschlos glücklich? Ach, so einen kleinen hätten sie schon. Einen richtigen Kostümschneider nämlich. Denn ziemlich oft müssen Gattinnen und Freundinnen zu Nadel und Faden greifen - übrigens auch bei Reparaturen...