Mann mit grünem Daumen
BOBBAU/MZ. - Und darauf ist der promovierte Landschaftsgärtner besonders stolz, der kurz vor der politischen Wende den Schritt in die Selbstständigkeit gegen jedweden Widerstand durchsetzte.
In Jeßnitz geboren und aufgewachsen, studierte der heute 54-Jährige nach dem Abitur in Halle Pflanzenproduktion. Ende 1983 hatte er dann auch seine Doktorarbeit verteidigt und fing in der LPG Pflanzenproduktion Raguhn als stellvertretender Leiter an. In dieser Funktion leitete er bis 1988 die Altjeßnitzer Gärtnerei, die sich unmittelbar neben dem Irrgarten befand.
Obwohl bestens für die Landwirtschaft qualifiziert, entschied sich Strauß für die Selbstständigkeit. "Man wollte mich wegen meiner Qualifizierung natürlich nicht gehen lassen. Doch ich wollte etwas anderes tun, mein eigener Herr sein", blickt Strauß zurück und erinnert sich noch gut an den Kampf, der rund ein halbes Jahr andauern sollte. "Am 1. Januar 1989 hatte ich es geschafft", sagt der "Gärtner aus Liebe".
Auf einem Stück Land neben dem Elternhaus in Bobbau, dem heutigen Firmensitz, begann Strauß, seine Gärtnerei aufzubauen. Da er in diesem Metier fünf Jahre tätig gewesen war, wusste Strauß natürlich, was gewünscht war. "Ich spezialisierte mich auf Blumenzwiebeln im Topf." Doch mit der Wende war das alles hinfällig geworden. "Der äußere Glanz war plötzlich gefragt und ich musste mich neu orientieren", sagt er rückblickend.
Bis zum Jahr 2000 habe er Schnittblumen und Pflanzen, teils selbst gezogen, ebenso verkauft, wie Beet- und Balkonblumen. "Mit Einführung des Euro gab es weitere Einschnitte und ich musste mich wieder neu orientieren", erklärt Strauß. Doch wenn er schon Pflanzen verkaufe, warum diese beim Kunden nicht gleich in die Erde bringen und auch die Pflege übernehmen, habe er sich gesagt. Dass dies später sein wichtigstes Standbein würde, habe er zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gewusst.
Pflasterarbeiten kamen hinzu. Heute liege das Hauptgeschäftsfeld neben der Floristik schwerpunktmäßig bei der Grünflächengestaltung und Grabpflege. Dass sich letzteres einmal so entwickeln würde, hätte er anfangs nicht gedacht, gesteht Strauß. Doch immer mehr Leute ziehen der Arbeit hinterher. Meist sind es nicht nur hundert sondern zig hundert Kilometer von der einstigen Heimat entfernt. Da werde die Grabpflege zu einem Problem, zeigt Strauß Verständnis.
Überall in Wolfen-Nord hat das sechsköpfige Team um Wilfried Strauß in Wolfen-Nord seine Spuren hinterlassen. Gut ein Drittel der Plattenbausiedlung habe sein Garten- und Landschaftsbaubetrieb von 1997 bis 2002 beackert. Dass die Streichung dieses Auftrags einen großen Einschnitt für den kleinen Betrieb bedeutete, will Strauß nicht verhehlen. Wieder war ein Umdenken gefragt und wieder hat Strauß einen Weg gefunden, dass sein Betrieb überlebt. "Hochwertige Bepflanzung", bringt er ins Spiel und erklärt, dass dabei nicht nur besonders kräftige und gesunde Pflanzen zu Einsatz kommen, sondern auch die Blühfolge beachtet werde. "Hier in der Ackerstraße blüht in der Vegetationszeit immer etwas", sagt Strauß. Doch es gehöre noch mehr dazu, nämlich fachmännischer Gehölzschnitt. Die Forsythie werde nämlich im Mai, gleich nach der Blüte geschnitten und nicht im Herbst. Andere Sträucher, wie der Kirschlorbeer, werden von unten ausgelichtet, das alte Holz entfernt. Ihm tue immer wieder weh, wenn er sieht, wie im Herbst alles Strauchwerk in Anlagen auf eine Höhe "abgesäbelt" werde.
Zur Familie Strauß gehören auch zwei Kinder. "Der Junior studiert Landschaftspflege und hat schon die eigene Firma im Auge, und meine Tochter ist in die Biochemie eingestiegen", sagt Wilfried Strauß stolz, dessen Ehefrau Lehrerin ist.
Von 1997 bis 2000 habe Strauß einen Masterlehrgang in Quedlinburg absolviert. Seitdem bildet er auch Lehrlinge aus - Floristen und Gärtner. Zur Zeit sind es zwei Landschaftsgärtner, die an den Euro-Schulen ihre theoretische Ausbildung haben und beim ihm den praktischen Teil absolvieren. Er bringe den jungen Leuten alle Kniffe bei, die ein Fachmann im Grünflächenbereich wissen muss. Denn Strauß kennt sich nicht nur in der Garten- und Landschaftspflege aus, sondern auch bei Zimmer- und Balkonpflanzen und in der Staudengärtnerei. Davon hat nicht nur die Fußgängerpassage in Wolfen, der so genannten Korso vor dem "Lidl" in der Leipziger Straße profitiert, sondern auch Firmengrundstück - hauptsächlich im Chemiepark. Doch auch Privatkunden wissen den Fachmann zu schätzen. "Von Pflanzarbeiten bis hin zum Teichbau übernimmt meine Firma alles", sagt der Chef.