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Landwirtschaft Landwirtschaft: «Verena» verspricht einiges

Von Bärbel Helbig 30.05.2002, 17:50

Raguhn/MZ. - Rechts die Wintergerste "Ludmilla", links der Raps "Maja". Mehrere Dutzend Augenpaare mustern die Schläge bei Marke sozusagen im Vorbeifahren. Der Busfahrer hält ein Tempo, das sowohl der schmalen Straße als auch den Wünschen der Fahrgäste angepasst ist. Im Bus Mitglieder des Kreisbauernverbandes, Landsenioren und Gäste, die an der diesjährigen Flurfahrt durch den östlichen Teil des Kreises teilnehmen.

Der Weizen "Pegasus" steht "für Marksche Verhältnisse ganz ordentlich", spricht Lothar Keller von der Agrargenossenschaft Raguhn ins Mikrofon, auch mit der Wintergerste "Verena" könne man sehr zufrieden sein. Zu seiner Einschätzung richten sich prüfende Blicke aus den Busfenstern. Dann wird kurz diskutiert, warum der Raps "so helle ist" und was auf diesem Boden vielleicht zu beachten wäre.

Je weiter die Fahrt von Raguhn über Marke, Schierau, Priorau, Retzau, Raguhn, Altjeßnitz, Roßdorf, Muldenstein, Schlaitz und Plodda führt, desto häufiger wechselt nicht nur das Landschaftsbild, auch das Mikrofon wandert immer wieder von Sprecher zu Sprecher der Agrarbetriebe, deren Flächen in Augenschein genommen werden. Zu jedem Schlag Weizen, Gerste oder Raps gibt es Fakten aus dem Effeff: Körner pro Quadratmeter, Düngung, Probleme mit stehender Nässe im Herbst.

Um Erbsen- und Rübenblattlaus, Krautfäule und Spritzstart-Termine geht es, als Michael Faßauer vom Amt für Landwirtschaft Anhalt praktische Tipps vermittelt. Die Wintergerste stehe in diesem Jahr "sehr gut", obwohl sich im Frühjahr eine ganze Menge Krankheiten gezeigt hatten. Der Rat, kühlen Kopf zu bewahren und nur eine Spritzung auszubringen, habe sich jetzt als richtig erwiesen.

Zwei Busnachbarn erörtern derweil das Thema Nitrofen: Man habe das kommen sehen, das Ganze sei eine Folge der Globalisierung, die Verbraucher werden verdummt. "In dieser Konzentration kann das Pflanzengift nie vom Feld gekommen sein", meint Heinz Gerono von der Transport- und Agroservice e.G. Raguhn zum jüngsten Futtermittel-Skandal. Wie in seinem Betrieb mit Pflanzenschutzmitteln umgegangen wird? "Vorschriftsmäßig", versichert er, als Dienstleister müsse man einfach höchst sorgfältig damit umgehen.

Mehr Fragen als Antworten zu dem Thema hat Edmund Killer von Landgut Dobler in Roitzsch. Was eine Massenproduktion von 16 000 Hühnern mit Bio zu tun haben soll, könne er zum Beispiel nicht verstehen. "Der Kunde aber glaubt das und wird veralbert", so sein Urteil. Trotz des angeknacksten Rufs der Öko-Bauern will Petra Stengel nicht von ihrem Plan abgehen, im Juli in Gräfenhainichen einen eigenen Bio-Betrieb zu eröffnen. Mit der Nitrofen-Sache versuche jemand, Bio und Verbraucherministerin Renate Künast nieder zu machen, glaubt sie.

Doch allzu lange hält sich niemand bei diesem Thema auf. Zwischen Marke, Priorau, Schierau und Niesau stehen gefräßige Schnecken und Wildschweine im Mittelpunkt. Im Raps habe man schwer mit Schnecken zu kämpfen, so Axel Tennert von der Agrar GmbH Schierau. "Innerhalb einer Nacht putzen die alles weg", berichtet er. Wenig später macht er auf ein Maisfeld mit Elektrozaun aufmerksam. "Dort am Graben kommen morgens immer die Wildschweine", weiß Tennert. Hinter Priorau sind bereits 25 Prozent der Maisfläche geschädigt, "die pflügen die Reihen richtig um", beklagt er sich. "Die Wildschweine kommen tagsüber und nicht nachts, wenn die Jäger da sind", ergänzt leicht resigniert sein Raguhner Kollege Lothar Keller.