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Kupferstecher-Schau in Bad Schmiedeberg Kupferstecher-Schau in Bad Schmiedeberg: Die das Geld gestochen hat

Von Corinna Nitz 26.07.2004, 12:41

Bad Schmiedeberg/MZ. - Was jedem anderen als Straftat ausgelegt wird, diente Margot Bitzer jahrelang als Broterwerb: das Gelddrucken. Gut, sie hatte natürlich keine Presse im Keller, an der klammheimlich Blüten produziert wurden. Statt dessen begab sich Bitzer allmorgendlich in die Wertpapierdruckerei der DDR, um in der Abgeschiedenheit ihrer Werkstatt die Druckplatten für Banknoten, Ersttagsbriefe und Briefmarken herzustellen. Margot Bitzer ist Kupferstecherin. Aus Leidenschaft. Und die war auch der Grund dafür, dass sie, übrigens lange bevor der Arbeiter-und-Bauernstaat unterging, das sichere Geschäft mit dem Geld gegen die weitaus weniger sichere Freiberuflichkeit eintauschte.

Unter dem Titel "Das kleine Format" firmiert eine opulente Ausstellung mit Werken der Leipzigerin, zu sehen derzeit im Kurmittelhaus des Bad Schmiedeberger Eisenmoorbades. Opulent ist die Schau, weil, verteilt auf drei Etagen, schier unzählige Stiche zu sehen sind: Kleine Pretiosen von bestechender Präzision.

Eine ganze Serie ist etwa über Grimma entstanden. Neben zahlreichen Marktansichten finden sich repräsentative Bürgerhäuser. Bitzer, Absolventin der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, hat sie so genau gestochen, dass selbst die Maserung der Fensterläden oder der Faltenwurf im blauen Mantel einer Spaziergängerin sichtbar werden. Gleiches gilt für die dekorative Ornamentik an der Fassade der Häuser. Ein Faszinosum, bedenkt man, dass viele Formate kaum größer als zehn mal 20 Zentimeter sind. Bis zu acht Wochen, erzählt Margot Bitzer, heute eine elegante ältere Dame, arbeitet sie an einem Motiv. Für einen Stich vom Altenburger Rathaus benötigte sie gar ein Vierteljahr. Die Vorarbeiten sind da noch gar nicht mitgerechnet. Nein, für den eiligen Künstler, der rasche Ergebnisse braucht, taugt diese Technik nichts. Oder um es mit der Kunstwissenschaftlerin Anneliese Hübscher zu sagen: "Kupferstechen ist nichts für die Avantgarde."

Hübscher hat zur Vernissage eine überschwängliche Laudatio auf die Künstlerin und ihr Werk gehalten. Schwärmte von den feinen Liniengespinsten, von "wissenschaftlich exakter, aber dennoch poetischer" Abbildung floraler Motive und nüchterner Detailgenauigkeit, die gleichwohl keine "malerische Weichheit" vermissen lasse.

Margot Bitzer selbst kommt, ganz Praktikerin, ohne blumige Sprache aus, wenn sie über ihre Arbeit spricht. Sie ist, erzählt sie, ja nun Rentnerin. Da habe sie naturgemäß Zeit und sei im Übrigen auch aus pekuniärer Sicht unabhängiger als andere junge Künstler. Gerade Letzteres sei einer der Gründe dafür, dass die Zunft der Kupferstecher an chronischem Nachwuchsmangel leidet. "Diese Arbeit ist so zeitaufwendig, und Zeit ist Geld", analysiert sie sachlich die Lage. Apropos Geld: Obschon die Arbeit in der Wertpapierdruckerei ihr jegliche kreativen Ausbrüche verbot, möchte Margot Bitzer sie unter keinem Gesichtspunkt missen. Denn gerade was Disziplin und Fleiß angeht, habe sie dort den letzten Schliff erhalten. Und ist, das räumt sie auf Nachfrage durchaus ein, auch ein bisschen verdorben worden. "Ich gelte als pingelig", lächelt sie. Aber das muss sie wohl sein. Sie kann auch nicht warten bis sie mal die Muse küsst. Und, so beschrieb es einmal der Kupferstecher Baldwin Zettl: "Jede Linie muss stimmen, sonst kann man die Platte gleich wegschmeißen."

"Das kleine Format". Geöffnet bis zum 13. Oktober im Kurmittelhaus Bad Schmiedeberg; täglich von acht bis 20 Uhr.