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Zeichen stehen auf Abschied Kulturpalast in Bitterfeld: Droht der Abriss?

Von Ulf Rostalsky 20.09.2016, 13:30
Passt der Kulturpalast noch ins Bild? Architektonisch schon. Allerdings - ein sinnvolles Konzept für das traditionsreiche Haus hat man nicht.
Passt der Kulturpalast noch ins Bild? Architektonisch schon. Allerdings - ein sinnvolles Konzept für das traditionsreiche Haus hat man nicht. André Kehrer

Bitterfeld - Die Stadt Bitterfeld könnte eines ihrer prägendsten Gebäude verlieren. Was bisher nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert worden war, bestätigte Patrice Heine im Bitterfelder Ortschaftsrat. „Kommt in drei bis fünf Jahren der Abriss?“, fragte Ortschaftsrat Uwe Müller (CDU) den Geschäftsführer der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen GmbH. „Wenn wir keine andere Option herausarbeiten, dann ja. Aber 2018 ist nicht das Datum.“

Abriss ist nicht ausgeschlossen

So deutlich war vom Chemiepark noch nie über die Zukunft des Traditionshauses gesprochen worden. Zwar gab es von der Gelsenwasser-Tochtergesellschaft schon nach Übernahme der Chemiepark GmbH vom Unternehmer Jürgen Preiss-Daimler im Jahr 2013 immer wieder zu hören, dass der Betrieb des Palastes als Veranstaltungsstätte nicht Kernaufgabe der Wirtschaft sei. Das Wort Abriss fiel bisher jedoch nie.

Dass im Palast die Zeichen auf Abschied stehen, ist offensichtlich. Die Chemiepark-Gesellschaft als Eigentümer zog im April 2015 die Reißleine und öffnete zum letzten Mal fürs große Publikum. Leben im Saal gab es dann nur noch einmal am 3. Oktober, als das Kinder- und Jugendballett mit einer Ausnahmegenehmigung seinen 50. Geburtstag feierte.

Das Orwo-Traditionsballett ist mittlerweile mit Sack und Pack aus dem Palast gezogen und hat im benachbarten Sandersdorf sein neues Zuhause gefunden. Im Palast hat jetzt nur noch der Kunstverein Kreativ seine Wirkungsstätte. „Wir haben den Nutzern keine zeitliche Schiene vorgegeben und gesagt, ihr müsst raus“, erklärt Heine. Dass die Aussage kaum für die Ewigkeit gilt, scheint sicher.

Der Kulturpalast wird zu teuer

Auf bis zu 450.000 Euro jährlich beziffert der Chemiepark die laufenden Betriebskosten für den Kulturpalast. Zudem spricht Heine vom enormen Investitionsbedarf, wolle man das Haus als moderne Veranstaltungsstätte wieder nutzbar machen. „Die Investitionen spielt niemand wieder ein.“

Der erste Vorhang im Kulturpalast (Kupa) ging am 13. Oktober 1954 auf. Dem vorausgegangen war: 5.000 Mitarbeiter des Elektrochemischen Kombinats Bitterfeld leisteten über 10.000 freiwillige Stunden für den Bau.

Im Kupa waren zu DDR-Zeiten Zirkel heimisch wie Symphonie- und Blasorchester, Studiochor, Ballettgruppen, Zirkel schreibende Arbeiter, Puppentheater, Malzirkel und andere mehr. Bekannt wurde der Kupa vor allem durch den Bitterfelder Weg, der die Richtung für Kunst in der DDR angab.

2003 hatte die Stadt, die den Kupa elf Jahre zuvor vom CKB und der Treuhand übertragen bekam, abgewinkt: Aus finanziellen und sicherheitstechnischen Gründen wurde er geschlossen. Ein Jahr später übernahm Jürgen Preiss-Daimler das Haus. Der damalige geschäftsführende Gesellschafter des Chemieparks hatte einiges in die Sanierung investiert, die Sicherheitstechnik komplett erneuert, einen Betreiber der Gaststätte interessiert. Doch rentiert hatte sich das alles letztlich nicht.

Der Chemiepark hat nach eigener Aussage die Stadt in den Diskussionsprozess um die Zukunft des Hauses eingebunden. „Mit mir als Vorsitzender des Ausschusses für Bildung, Kultur, Jugend und Sport hat noch niemand geredet“, stellt indes Stadtrat Klaus-Ari Gatter klar. Die Zuversicht, eine Kooperation mit der Stadt zu realisieren, ist offensichtlich auch beim Chemiepark nicht groß. Heine erinnert daran, dass Bitterfeld den Palast Anfang der 2000er aus Kostengründen geschlossen und dann in die Hände von Jürgen Preiss-Daimler gegeben hatte.

DDR-Nostalgie ist vorbei - Zeit für etwas Neues?

Die Debatte um die Zukunft des Traditionshauses soll laut Heine „im nächsten Jahr abgeschlossen“ werden. Ohne neue Ideen scheint das Ende besiegelt.

Für Bitterfelds Ex-Landrat Horst Tischer (SPD) haben die Bitterfelder den Kulturpalast längst nicht mehr als ihren Ort der Kultur betrachtet. Auch die Nostalgie, dass hier DDR-Geschichte geschrieben wurde, sei vorbei. „Vielleicht ist es einfach besser, den Platz für anderes nutzbar zu machen.“ So kann Abriss auch umschrieben werden. (mz)