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Kirchenasyl in Merseburg Kirchenasyl in Merseburg: "Akt der Barmherzigkeit"

Von Lisa Garn 31.07.2015, 12:39
Nach seiner Ankunft in Deutschland sitzt ein Flüchtling in einem Bus.
Nach seiner Ankunft in Deutschland sitzt ein Flüchtling in einem Bus. dpa/Archiv Lizenz

Bitterfeld/Merseburg - Mit dem Kirchenasyl können Gemeinden eine Abschiebung von Asylsuchenden verhindern. Doch die Entscheidung ist auch mit Belastungen verbunden und die Kirche bewegt sich in einer rechtlichen Grauzone. Wolfgang Hubert, Pfarrer der Katholischen Pfarrei St. Norbert Merseburg, sieht im Kirchenasyl einen „Akt der Barmherzigkeit“. Die Gemeinde hatte den Eritreer Fesehaye Asmelash aufgenommen.

Ist Kirchenasyl illegal?

Wolfgang Hubert: Es gibt beim Kirchenasyl keine rechtliche Grundlage in dem Sinn, dass der Staat dieses Asyl anerkennen müsse. Aber die Kategorien illegal oder legal passen nicht. Weil es hier um Menschen geht, die in größter Not sind und eine Chance brauchen. Die Kirche bietet eine letzte Zuflucht, die vom Staat toleriert wird. Es ist ein Akt der Barmherzigkeit und der Menschlichkeit.

Ihre Gemeinde hat es zum ersten Mal gewährt. Warum in diesem Fall?

Hubert: Wäre Fesehaye Asmelash nach Italien abgeschoben worden, hätte er dort lange auf die Bearbeitung des Asylantrages warten müssen und wäre dann womöglich nach Eritrea zurückgeschickt worden, in ein absolut unsicheres Herkunftsland, in dem ihm Gewalt und Folter drohen. Er hat eine Flucht unter Lebensgefahr hinter sich. Für ihn und viele andere muss der ewige Zustand der Unsicherheit und des Wartens aufhören. Die Anfrage auf Kirchenasyl kam sehr kurzfristig, der leitende Pfarrer Daniel Rudloff und ich als Kooperator haben diese Entscheidung schnell treffen müssen.

Ist das Kirchenasyl auch ein Zeichen des politischen Protests?

Hubert: Es richtet sich nicht gegen die Politik, diese Dinge hat die Kirche ja nicht zu regeln. Es ist ein vorläufiger Schutz, um zu helfen, um Zeit zu gewinnen für eine erneute Prüfung eines Asylantrages.

Aber es ist ein schmaler Grat, auf dem man sich bewegt?

Hubert: Kirchenasyl bedeutet, dass die Kirche die volle Verantwortung trägt. Das geht nur über einen überschaubaren Zeitraum. Zum anderen darf es nur das allerletzte Mittel zur Hilfe sein. Es wird die absolute Ausnahme bleiben. In Sachsen-Anhalt toleriert die Politik das Kirchenasyl, es besteht eine stillschweigende Duldung. Dieses Vertrauen darf nicht erschüttert werden. (mz)