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Katastrophe von Le Mans 1955 Katastrophe von Le Mans 1955: Legierung des Unglückswagens stammte aus Bitterfeld

Von Günter Matter 03.06.2015, 12:01
Apokalypse in Le Mans. Am 11. Juni 1955 etwa um 18.30 Uhr: Das Wrack des Mercedes-Silberpfeils nach dem Unfall. Polizisten befreien die Rennstrecke von Wrackteilen (oben).
Apokalypse in Le Mans. Am 11. Juni 1955 etwa um 18.30 Uhr: Das Wrack des Mercedes-Silberpfeils nach dem Unfall. Polizisten befreien die Rennstrecke von Wrackteilen (oben). Archiv/ZDF Lizenz

bitterfeld - 11. Juni 1955 Le Mans: Die Fans des 24-Stunden-Rennens erleben die schwerste Katastrophe, die der Automobilsport je gesehen hat. Und die hat zu tun mit dem Stoff, aus dem die motorisierten Träume sind: dem Werkstoff Elektron. Der wird in Bitterfeld hergestellt und ist etwas absolut revolutionäres.

Mehr als 80 Zuschauer sterben

Was ist geschehen? Mercedes startet mit dem neuen Sportwagen 300 SLR. Das Auto hat eine Karosserie aus Elektron, der damals leichteste metallische Konstruktionswerkstoff. Er schmilzt bei rund 650 Grad, die Flammen erreichen, wenn Luftsauerstoff vorhanden ist, Temperaturen von rund 2.200 Grad. Genau das wird Mercedes zum Verhängnis: Bei einem Unfall platzt der Benzintank des Flitzers, der Treibstoff gerät in Brand. Die Karosserie erwärmt sich bis über die Zündtemperatur und die Elektron-Bauteile lodern in weißen Flammen.

Helfer versuchen, das brennende Wrack mit Wasser zu löschen. Das aber ist der verheerendste Fehler. Das Wasser spaltet sich in gasförmigen Wasserstoff und Sauerstoff auf, und das so gebildete Knallgas explodiert sofort wieder. Im Prinzip versucht man, Feuer mit Sprengstoff zu löschen. Der 300 SLR brannte über Stunden. Mehr als 80 Zuschauer an der Bande sterben durch die herumfliegenden Wrackteile und das Feuer.

Was ist das für ein außergewöhnliches Metall, das Mercedes in seinem Rennwagen einsetzt? Elektron, ein Markenname für Magnesium-Legierungen, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Bitterfeld entwickelt werden. In den 1930er Jahren stehen in Bitterfeld, Aken und Staßfurt die weltweit bedeutendsten Anlagen zur Erzeugung und Verarbeitung von metallischem Magnesium. In Bitterfeld werden vielfältige Legierungen entwickelt, die den nahezu revolutionären Werkstoff für immer neue Anwendungen möglich machen.

Der Hit der Weltausstellung 1937

Auf der ersten Internationalen Luftfahrtausstellung ILA 1909 in Frankfurt/Main wird die Legierung unter dem Namen „Elektron“ vorgestellt. Die ist mit ihren Supereigenschaften auch der Hit der Weltausstellung 1937 in Paris. Denn mit dieser Erfindung wird man ein Ganzmetallflugzeug bauen können, das mühelos über den großen Teich fliegen kann - zum Beispiel. Oder Rennautos wie den Silberpfeil von Mercedes. (mz)

Ein 300 SLR-Rennsportwagen von Mercedes-Benz (1955).
Ein 300 SLR-Rennsportwagen von Mercedes-Benz (1955).
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