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Kandidaten im Gespräch Kandidaten im Gespräch: Kees de Vries, CDU - Landwirt engagiert sich für Bildung

14.09.2017, 15:51
Kees de Vries möchte seine ganze Kraft weiterhin in der Politik einsetzen.
Kees de Vries möchte seine ganze Kraft weiterhin in der Politik einsetzen. André Kehrer

Bitterfeld - Kees de Vries will vier weitere Jahre als Bundestagsabgeordneter in Berlin mitdiskutieren. Der CDU-Kandidat mit holländischen Wurzeln ist in den vergangenen Jahren immer weniger Landwirt und immer mehr Politiker geworden. Warum der Deetzer an diesem Weg weiter festhalten will, erzählt er im Interview mit MZ-Redakteur Stefan Schröter.

Sie sind am 30. August 62 Jahren geworden. In diesem Alter denken andere an den Ruhestand. Sie wollen weitere vier Jahre in die Politik nach Berlin, warum?

Kees de Vries: Ich möchte meine Energie weiter sinnvoll einsetzen. Denn ich fühle mich noch fit. Ich habe zwar jetzt 45 Jahre lang gearbeitet – mit 17 schmiss ich die Schule und begann meine Landwirtschaftslehre. Aber was soll ich jetzt zu Hause sitzen? Seit 2013 hat mein Sohn die Leitung unseres Hofes übernommen, hier stehe ich zwar als Ratgeber zur Seite, bin aber nicht mehr in Verantwortung.

Was wollen Sie erreichen in der nächsten Legislaturperiode?

Ich möchte mich für mehr frühkindliche Bildung einsetzen, für mehr Generationengerechtigkeit im Sinne der Schwarzen Null kämpfen und mich für eine ressourcenschonende Landwirtschaft stark machen. Und wenn ich ehrlich bin, bin ich ein wenig beim SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz, wenn er meint, es könnte mehr Gerechtigkeit geben in Deutschland.

ist am 30. August 1955 in Holland geboren worden. Er ist seit 1985 mit seiner Frau Ella verheiratet. Beide haben zusammen sechs Kinder, darunter zwei Zwillingspaare. De Vries hat eine Ausbildung in der Landwirtschaft absolviert und war danach im Lohndienst tätig. 1982 ist er selbstständiger Unternehmer geworden. Dabei kümmerte er sich um acht Hektar Land sowie 40 Kühe und deren Kälber. 1992 folgte der Umzug nach Deetz bei Zerbst. Dort baute er mit Unterstützung seiner Familie seinen neuen Betrieb auf. Dieser umfasst heute 1 300 Hektar Land und 700 Milchkühe sowie 600 Jungrinder.

sitzt seit 2013 im Bundestag. De Vries holte damals mit 41 Prozent der Stimmen das Direktmandat im Wahlkreis 71.

sitzt unter anderem im Vorstand des Kreis- und Landesbauernverbandes.

Mehr frühkindliche Bildung, wie könnte das aussehen?

Ich will mehr Schulpsychologen und Sozialpädagogen, die den Kindern und Eltern bereits in der frühen Phase der Kindheit zur Verfügung stehen. Ich erlebe immer wieder Familien, in denen es die Eltern aus verschiedenen Gründen nur bedingt schaffen, ihr Leben zu meistern. Diesen Familien möchte ich Hilfe anbieten, damit den Kindern ein gutes und verantwortungsbewusstes Leben vorgelebt werden kann.

Sie sind seit 2013 Bundestagsmitglied, zusammen mit 630 weiteren Abgeordneten. Da gibt es viele Meinungen und Ideen. Trotzdem haben Sie vielleicht Bereiche, in denen Sie Erfolge bei eigenen Vorhaben vorweisen können. Wo wäre das der Fall?

Ich bin in Berlin zum Glück im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft tätig. Hier kann ich meine gesamte Fachkenntnis einbringen. Für die Themen Pflanzenzucht, Milch und Bioenergie bin ich der Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Und wenn ein Bundesminister (für Landwirtschaft, Christian Schmidt, d.Red.) mich als Ratgeber bezeichnet, dann glaube ich, habe ich vieles richtig gemacht. Allein das Thema Grüne Gentechnik, das waren heiße Diskussionen, dazu war ich wiederholt am Rednerpult im Bundestag. Insgesamt hielt ich in den letzten vier Jahren 13 Redebeiträge, wurde gehört und respektiert.

13 Mal am Rednerpult – haben Sie an einer Stelle auch gemerkt, dass Ihre Standpunkte zum Beispiel in Gesetze einfließen?

Das ist das Dilemma eines Landwirtschaftspolitikers: Die Ansprüche an die Landwirtschaft werden so schnell hochgeschraubt, da kann ein Politiker in diesem Bereich nie wirklich etwas Schönes berichten. Er kann höchstens mitteilen, dass die Gesetzgebung für die Landwirtschaft nicht so scharf gekommen ist, wie ursprünglich gedacht. Ich bin mir sicher, dass meine Ratschläge bei meinen Kollegen hier und da dazu geführt haben, dass ein paar Dinge in der Düngemittelverordnung verändert wurden. Das sind die Punkte, aus denen ich meine Motivation ziehe.

Sicherlich ist Politik aber auch frustrierend, weil man nicht alle Ideen durchsetzen kann. Wo gab es für Sie derartige Phasen in den letzten vier Jahren?

In den ersten beiden Jahren der Legislatur habe ich viel Enttäuschung verspürt. Bis dahin habe ich immer auf meinem Hof entschieden, ob es links oder rechts langgeht und plötzlich entscheiden andere. Daran muss man sich erstmal gewöhnen. Und daran, dass ich eben nur einer von aktuell 310 Abgeordneten in der CDU/CSU-Fraktion bin. Egal, wie gut die eigenen Ideen sind, man muss die anderen davon überzeugen. Und dann kommt so der Moment in dem man sich fragt, warum tue ich mir das an? Ich hab mich aber ganz klar dafür entschieden weiterzumachen, weil diese Aufgabe mir eben auch sehr viel Spaß macht und, weil meine Frau Ella mir sagte, ich würde es bereuen, wenn ich aussteige.

Wie ist ihr Standpunkt beim Thema Migration?

Ich bin als Mensch der Meinung, dass man denen hilft, die Hilfe brauchen, und diejenigen, die diese Hilfe missbrauchen so schnell wie möglich zurückschickt.

Wo kann man da die Trennlinie ziehen?

Das ist Aufgabe des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Ich kann auch nicht sagen, wer gefährdet wäre, wenn man ihn in seine Heimat zurückschickt oder welche Teile von Afghanistan sicher sind. Dafür haben wir Ämter und Institutionen. Aber wer in seinem Herkunftsland um Leib und Leben fürchten muss, dem sollten wir helfen.

Wer kümmert sich jetzt um ihren Hof in Deetz?

Wie bereits erwähnt trägt hier mein ältester Sohn Kees junior seit 2013 die Verantwortung. Gut, wir reden natürlich miteinander. Ich habe jedenfalls Zeit, meine Energie weiter in Berlin für die Interessen der Menschen in meinem Wahlkreis Anhalt einzusetzen. Was soll ich in Deetz? Meinem Sohn erklären, wo es langgeht? Das funktioniert nicht. Es kann nur einen Kapitän auf dem Schiff geben und ich habe meinen Sohn zum Kapitän gemacht, deshalb will ich mich dort jetzt raushalten. (mz)