Jugendgerichtshilfe Jugendgerichtshilfe: "Ganz wichtig ist die Ehrlichkeit"
Halle/MZ. - "Ganz wichtig ist vor allem die Ehrlichkeit." Für ihre Tätigkeit hat sich Christine Stein das an die oberste Stelle gesetzt. Die Jugendlichen, ist die Sozialarbeiterin fest überzeugt, würden jedoch auch "spüren, wenn ich mich nicht daran halten würde". Aber ei-
nes macht sie umgekehrt ebenfalls deutlich. "Ich nehme keineswegs alles so hin, was mir gesagt wird, überprüfe die Aussagen und würde nie für die jungen Leute lügen, dies wissen sie."
Christine Stein arbeitet in der Jugendgerichtshilfe. In dieser Funktion ist sie regelmäßig im Gerichtssaal, wird jedoch schon lange vor Verhandlungen tätig. Von der Polizei erhält sie dabei Informationen über sämtliche Straftaten, an denen Jugendliche (14 bis 18 Jahre) und Heranwachsende (bis 21 Jahre) beteiligt gewesen sind. "Im Anschluss bemühen wir uns, das Umfeld und die Persönlichkeit der Beschuldigten zu erforschen", erläutert Christine Stein. "Es geht einfach darum, herauszufinden, was die Leute auszeichnet." Und natürlich ist sie dafür auf Mithilfe, etwa der Familie oder des entsprechenden Ausbildungs-Betriebes, angewiesen, erklärt sie.
In den meisten Fällen sind es für die jungen Leute "einmalige Begegnungen" mit der Jugendgerichtshilfe, begehen die Straftäter nur eine "einmalige Jugendsünde", wie es die Sozialarbeiterin nennt. Es gebe allerdings auch eine "kleine Gruppe von Leuten, die uns deutlich länger beschäftigt", räumt sie ein. Oft handelt es sich dabei um männliche Täter, mit "einer meist problematischen Herkunft", die "orientierungslos sind und in ihrer Entwicklung in unterschiedliche Gruppen eingebettet gewesen sind".
"Das Gericht entscheidet", erklärt Christine Stein. Der Gesetzgeber schreibt jedoch vor, dass die Jugendgerichtshilfe nicht nur im eigentlichen Prozess mitwirkt, sondern bereits davor. "Wir können dem Gericht etwa im Vorfeld bestimmte Leistungen und Maßnahmen für die Jugendlichen vorschlagen", erläutert Christine Stein. Ihre Einschätzung ist dann aber auch vor Gericht gefragt. "In den meisten Fällen werden unsere Vorschläge dort auch angenommen und berücksichtigt". Es kommt indes gelegentlich vor, dass ihre Ausführungen überhaupt nicht berücksichtigt werden. "Warum bin ich dann überhaupt da", ärgert sich in solchen Fällen die Wittenberger Sozialarbeiterin.
Enttäuscht wird Christine Stein manchmal auch von den jungen Leuten selbst. "Damit muss ich dann fertig werden", erklärt sie nüchtern. Umgekehrt sind große Erfolge in ihrer Tätigkeit die Ausnahme. "Die messe ich meist in kleinen Einheiten", bekräftigt die Sozialarbeiterin, "schon eine geschaffte Bewährung zählt dazu."
Die Wiedereingliederung der jugendlichen Straftäter, auch nach einer Haftstrafe, zählt ebenfalls zum Aufgabenspektrum von Frau Stein, die sich selbst als "eine Art Sozialanwältin" betrachtet. Trotz der jahrelangen Erfahrung im Beruf gibt es aber auch für sie noch belastende Augenblicke. "Die Jugendlichen im Gefängnis zu sehen, daran werde ich mich nie gewöhnen können."