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Judo Judo: Vom Notnagel zum Volltreffer

Von Thomas Tominski 25.02.2002, 17:20

Wittenberg/MZ. - Und doch gibt es Parallelen. Halbenz ist jetzt im selben Alter wie der Amerikaner bei seinem damaligen Sensationssieg, startete ebenfalls im Schwergewicht und hat seine sportliche Karriere vor vielen Jahren beendet. Nur die Lust, andere auf die Matte zu legen, ist ihm, wie Foreman, nicht vergangen.

Die Idee, sein Können - Halbenz ist Träger des 2. Dan - auszuprobieren, entsprang eher dem Zufall. Nachdem sein Judogi am Nagel "endete", schlüpfte er in die Rolle des Kampfrichters und engagierte sich im Präsidium des Landesverbandes. Sein Urteil als Unparteiischer war auch beim Landesliga-Dreikampf zwischen dem PSV und FSV Magdeburg sowie dem SV Grün-Weiß Piesteritz gefragt. Dann passierte es. Mit weißem Hemd und gestreiftem Binder stieg er in den Wittenberger Mannschaftsbus Richtung Landeshauptstadt, mit dem schwarzen Gürtel um den Bauch stieg er wieder aus.

Zur Erklärung: Von den sieben Gewichtsklassen konnten die Grün-Weißen auf Grund Personalmangels nur vier besetzen. Die Verteidigung des Landesmeistertitels war also schon vor dem ersten Gong in Gefahr. Halbenz übergab vor Ort Fritz Grund aus Burg die Leitung der Wettkämpfe, kurze Vorbereitung, den jungen Teamkollegen imponiert, zwei Punkte geholt. Der Piesteritzer ehrlich: "Ich habe mich schon vorher informiert, gegen wen ich kämpfen muss. Gegen einen Henry Stöhr wäre ich nicht angetreten." Lachend fügt er hinzu: "Ein bisschen Glück gehörte auch dazu. Im Fight gegen den PSV habe ich nur den Schwung meines Gegners ausgenutzt und ihn auf die Tatami geknallt. Der FSV hat die Gewichtsklasse nicht besetzt. So habe ich im Endeffekt zweimal gewonnen."

Seine Frau Evelyn hatte am Abend nach seiner Ankunft wenig Verständnis für die Heldentaten ihres Mannes. Die Bemerkung "alter Sack" kann der 46-Jährige verstehen: "Nach meiner Wirbelsäulenoperation vor vier Jahren sollte ich mir solche Kunststückchen lieber verkneifen." War das die Fitness-Spritze für das eigene Ego? "Das Kribbeln im Bauch war sofort wieder da. Insgesamt bin ich jedoch nur ein geringes Risiko eingegangen."

Halbenz hat 1968 mit dem Judosport in Piesteritz begonnen, fightete sich bis ins Schwergewicht vor. Vier Einzel- und ebenso viele Mannschaftssiege bei den Bezirks-Meisterschaften schmücken seine Erfolgsbilanz. Gegen den zweimaligen Weltmeister Detlef Ultsch stand er bei den Titelkämpfen der Republik auf der Matte. "Der hat mich an den Haaren gezogen und anschließend meine Schrecksekunde konsequent ausgenutzt." Sein Vorbild: der Berliner Jochen Bech. Als Jugendlicher war er am Fernseher Augenzeuge des Länderkampfes DDR gegen Japan und war von der Vorstellung des Berliners fasziniert. "Das war ein toller Techniker." Nach der Wende kämpfte er in der zweiten Bundesliga für die Grün-Weißen mit, 1995 tauschte er schnödes Weiß gegen den schnittigen Kampfrichteranzug ein - sportliche Laufbahn abgehakt, der Weg des Funktionärs (Abteilungsleiter) begann.

Bis, ja bis er selbst zum "lucky punch" ausholte. In die Rolle des Predigers, wie Foreman nach seinem ersten Karriere-Ende 1977, wird er jedoch nicht schlüpfen.