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In Juliushof florierte mal die Landwirtschaft In Juliushof florierte mal die Landwirtschaft: Spurensuche nach dem verschwundenen Ort

Von Ulf Rostalsky 07.07.2019, 12:00
Die historische Postkarte zeigt, wie es früher auf dem Gutshof ausgesehen haben könnte.
Die historische Postkarte zeigt, wie es früher auf dem Gutshof ausgesehen haben könnte. Benny Berger

Beyersdorf - Der Feldweg aus Richtung Beyersdorf ist lang und staubig. Links und rechts ist Acker. Auch die Autobahn ist in Reichweite. Kaum vorstellbar, dass der Weg zu einer Siedlung führte, die einst für florierende Landwirtschaft stand.

„Hier geht es nach Juliushof“, erklärt Benny Berger. Er hat sich der Heimatgeschichte verschrieben und stemmt sich mit seinem Hobby gegen das Vergessen. Denn ohne Zutun, ohne Bildmaterial und allerhand mündlicher Informationen wäre nicht zu verstehen, dass die Landmarke an der Autobahn wirklich mehr als ein kleiner Busch ist. Juliushof war von Menschenhand gemacht. Menschen haben auch veranlasst, dass Juliushof zum verschwundenen Ort geworden ist.

Gras und Gebüsch überdecken alles. Der zweite Blick macht deutlich, dass Bäume einst mit Bedacht gepflanzt worden waren. Eine Allee zeichnet sich ab. An ein paar Stellen wachsen noch Apfel- und Birnenbäume. Es müssen die Reste des einstigen Nutzgartens des großen Gutes sein. Unter Gras liegen Mauersteine. Im Gestrüpp sind Grabsteine auszumachen. Es ist die Grabstätte für die Familie Feldmann, die den Juliushof über Jahrzehnte bewirtschaftete und zu Glanz verhalf.

Warum ist vom Juliushof, dem Beyersdorfer Ortsteil, nichts geblieben?

Nur warum ist vom Juliushof, dem Beyersdorfer Ortsteil, nichts geblieben? Über das Warum darf gerätselt werden. Fest steht, dass 1982 die letzte Familie den Flecken Erde verlassen hatte und der Ort nach einem vernichtenden Urteil über die Bausubstanz im Jahr 1983 von der Bildfläche verschwand. „Vielleicht war es auch die Nähe zur Autobahn und der dortigen Haltebucht“, versucht sich Benny Berger in einer Erklärung. Ein unkontrollierter Austausch mit Personen im Transitverkehr zwischen der Bundesrepublik und Westberlin. Die Vermutung steht seit Jahren im Raum. Bewiesen ist nichts.

Sicher ist, dass Juliushof im Jahr 1844 zum Leben erwachte. Der Brehnaer Busch war bis auf einen kleinen, heute noch direkt an der Autobahn sichtbaren Rest gerodet. Das brache Land erwarb Julias Hempel. Er ließ Wohnhaus, Arbeiterhäuser, Ställe, Scheunen, Ziegelei, Park und Garten anlegen. Er wurde zum Namensgeber der Siedlung, die ihm wirtschaftlich nicht den Erfolg brachte. Der Hof kam erst an die Stadt Brehna und 1872 an die Familie Feldmann.

Der Juliushof war 1925 Heimstatt für 53 Personen

Die hatte ein glückliches Händchen und putzte den Juliushof heraus. Karl Feldmann wurde Ökonomie- und Landwirtschaftsrat. Die Familie hatte ihr Auskommen. Der Hof war 1925 Heimstatt für 53 Personen. Es gab eine große hauseigene Brüterei, von der heute noch ein paar Mauerreste zu erkennen sind. Im Garten stand eine große Flora-Statue. Vom Haus aus waren dem englischen Vorbild folgend Sichtachsen Richtung Park angelegt.

Nichts, wirklich nichts ist mehr da. „Die Familie Feldmann wurde 1945 enteignet“, berichtet Benny Berger. Penibel genau ist erfasst, was in andere Hände überging. Neben 160 Hektar Land waren es Dutzende Pferde, Ochsen, Kühe, Schweine. Dazu kommen Trecker, Dreschmaschinen und anderes schweres Gerät.

Es war das Aus für die Landwirtschaft im Großformat. Statt einem großen Gehöft gab es nun 18 Neubauern mit eigenem Haus auf eigener Parzelle. Interessant: Weil die Ehefrau des Gutsbesitzers in die KPD eintrat, durften die Feldmanns wie die Beyersdorfer Gutsbesitzerfamilie Golf acht Hektar Land bewirtschaften. Es war kein Trost und auch nur das hinausgezögerte Ende. 1960 flohen Feldmanns gen Westen.

„Juliushof wurde nach und nach aufgegeben“

Das Gut Juliushof war da bereits zehn Jahre lang Neubauernsiedlung. Um die neuen Höfe einzurichten, waren schon Ende der 1940er Jahre Teile des alten Hofes abgetragen worden. Die Siedlung freilich kam nie an die Wirtschaftskraft des Hofes heran. Die Bauern traten sehr schnell in die LPG ein, erhielten in der Folge unter anderen in Brehna Wohnungen. „Juliushof wurde nach und nach aufgegeben“, ist Benny Berger überzeugt.

Über die Geschichte ist viel Gras gewachsen. Doch wer den verschwundenen Ort finden möchte, dem gelingt es auch. Dafür lohnt auch der Blick auf die Land- oder Satellitenkarten. Die Autobahn 9 macht zwischen Wolfen und Brehna einen Bogen. Genau im Scheitel liegt Wald. Es sind die Reste vom Juliushof. „Als die Autobahn 1937/38 gebaut wurde, durfte Gutsbesitzer Feldmann entscheiden, wie die Trasse um den Hof verlaufen sollte. Seine Entscheidung ist heute noch zu erkennen. (mz)

Benny Berger zeigt ein historisches Bild des Hofes.
Benny Berger zeigt ein historisches Bild des Hofes.
André Kehrer