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In der offenen Kutsche über Land

Von IRIS LADEMANN 21.05.2010, 17:01

BREHNA/ROITZSCH/MZ. - Kaiserwetter am wohl schönsten Tag ihres Lebens. Denn Sabine Zieger und Taoufik Kamli aus Roitzsch gaben sich Freitag im "Country-Parkhotel" Brehna das Ja-Wort. Und weil sowohl die 29-Jährige und ihr zehn Jahre älterer Partner Mitglieder der Roitzscher Feuerwehr beziehungsweise des örtlichen Feuerwehrvereins sind, waren sämtliche Kameraden der Ortsfeuerwehr Roitzsch und Vereinsmitglieder des Feuerwehrvereins zur "Feuerwehrhochzeit" mit einem Tanklöschfahrzeug, einem Löschfahrzeug, einem Gerätewagen, einem Einsatz-Leitwagen und einem "geborgten" Drehleiterauto der Freiwilligen Feuerwehr Bitterfeld-Wolfen angereist. Und wie sich nach der Trauung herausstellen sollte, auch mit gutem Grund.

Wenige Minuten vor der eigentlichen Trauung wird die Hochzeitskutsche, mit der der Brautvater seine Tochter zu Hause in Roitzsch abgeholt hatte, sehnsüchtig von Familie, Freunden und Bekannten erwartet. Für Balou und Lucas, die beiden Warmblüter vom Reiterhof Teicha, eine fast routinierte Aufgabe, denn man kann die offene Kutsche für besondere Anlässe mieten. Auf dem Bock die Chefin höchst persönlich. Anke Dehn hat sich für den hochherrschaftlichen Auftritt auch standesgemäß herausgeputzt - schwarzer Zylinder, schwarzer Gehrock, schwarze Stiefel und weiße Reiterhosen. Doch die Show kann und will sie der Braut damit nicht stehlen. Denn diese erscheint in einem langen cremefarbenen Kleid, am Rockansatz ein wenig gerafft und einer Schleppe aus Satin und Tüll.

Kaum haben sich hinter ihr die Automatiktüren des Hoteleingangs geschlossen, greift die Feuerwehr in das Geschehen ein, lässt ihre Fahrzeuge auffahren. Ortswehrleiter Bernd Berger übernimmt die Koordinierung. Erklärt, wo der Schlauch zu liegen hat, durch den im Zickzack das Brautpaar zu schreiten hat, und setzt den Sägebock ans Ende dieses Spaliers. "Der Baum hat letzte Woche noch in Burgkemnitz gestanden", erzählt Berger, dessen gesamte Familie bei der Roitzscher Feuerwehr ist. Im Rahmen einer Ausbildung sei die Birke, die einen Durchmesser von gut zehn Zentimetern aufweist, gefällt worden.

Und damit tat sich das Brautpaar, das diesen zu zersägen hatte, dann auch etwas schwer. "Da habt ihr aber ein dickes Ding angebracht", die Bemerkung der Braut - schon etwas außer Puste. Doch kaum geschafft, war der Bräutigam samt fünfjährigem Sohn Jonas weg. Die Braut und die dreijährige Tochter Maria hatten nur noch das Nachsehen. Die beiden "Männer" schwebten in kurzer Zeit im Rettungskorb am Ende der Drehleiter in gut 20 Metern Höhe. Um beide auszulösen gab die Braut das Versprechen ab, am Abend im Hasenkostüm aufzutreten - was sofort lachend angenommen wurde.

Kennen und lieben gelernt haben sich die Roitzscherin und der aus Marokko stammende Moslem vor gut zehn Jahren. "Durch ihn kam auch sie zur Feuerwehr", erzählt Anke Berger, die vor nunmehr 31 Jahren die gleiche Prozedur über sich und Ehemann Bernd habe ergehen lassen müssen. Und sie meint weiter, dass es seit 2006 in Folge jedes Jahr eine Feuerwehrhochzeit gegeben habe. "2009 allerdings nicht,", schränkt sie ein, "dafür in diesem Jahr zwei." Die nächste sei schon im August.

Sabine Ziegler, die im Landratsamt tätig ist, zeichnet im Verein und bei der Feuerwehr für die Organisation verantwortlich. "Und weil sie dafür einfach Talent, ist sie auch unsere Event-Managerin", unterstreicht Anke Berger. Und für seinen marokkanischen Kameraden, der seit 1997 wieder in Deutschland lebt - hier geboren, aber die Schulzeit und Ausbildung in Marokko absolviert -, findet der Wehrleiter nur lobende Worte. "Er hat alles von der Pike auf gelernt, hat in den zwölf Jahren seiner Mitgliedschaft jeden Lehrgang besucht und ist jetzt Maschinist. Er beherrscht die gesamte Technik und fährt alle Fahrzeuge." - "Und er ist immer einsatzbereit", spielt Anke Berger mit einem hintergründigem Lächeln auf seinen Glauben an, der Alkohol verbietet.

Bevor es Freitag aber ans Feiern im Hotel gehen konnte, genossen die Jungvermählten mit ihren beiden Kindern eine kleine Landpartie. Mit der Kutsche ging es Richtung Roitzsch und zurück - eskortiert von der Feuerwehr -, was einen Stau zur Folge hatte.