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Soll künftige Ausstellung ergänzen Historische Strickmaschine: Wolfener Industrie- und Filmmuseum erhält eine Spende „zum Anfassen“

Fasern gehörten bis zur Wendezeit zu den erfolgreichen Produkten aus Wolfen. Beispiele dafür lagen bei einer Jessenerin lange im Schrank.

Von Andrea Dittmar 19.03.2022, 12:00
Lutz Walter und Sven Sachenbacher bauen die Strickmaschine wieder auf. Sie soll künftig in der Dauerausstellung einen Platz bekommen.
Lutz Walter und Sven Sachenbacher bauen die Strickmaschine wieder auf. Sie soll künftig in der Dauerausstellung einen Platz bekommen. Fotos: André Kehrer

Wolfen/MZ - Langes Fädchen, faules Mädchen. Sagt zumindest der Volksmund, wenn es ums Handarbeiten geht. Doch an den Fäden, die Regina Bauer in das Wolfener Industrie- und Filmmuseum gebracht hat, hängt Geschichte. Denn unter ihnen sind noch originale Farbmuster, die aus dem Faserbereich der Filmfabrik stammen. Auf kleinen Spulen ist noch „Agfa“ aufgedruckt.

Eine Jacke war der Anfang

Die Spenderin breitet das bunte Sortiment auf einem Tisch aus. Auch eine Strickjacke ist dabei - mit ihr fing der Kontakt zum IFM an. Sie habe eine ähnliche in einer Ausstellung gesehen, erinnert sich die Rentnerin, die jetzt in Jessen wohnt, aber aus Bitterfeld stammt. Und, siehe da: In der grünen Jacke sind Fasern verarbeitet, die in Wolfen hergestellt wurden. Das beschäftigt natürlich die Mitarbeiter des Museums - was aus den Stoffen wurde. „Der Faserbereich war der erste Teil, der abgebaut wurde, deswegen ist so wenig erhalten“, erklärt Leiter Sven Sachenbacher. Und Mitarbeiterin Andrea Mähl ergänzt, dass die Kleidungsstücke neben Fotos und Texten das Thema Faser erklären. Geschichte zum Anfassen.

Einen Schritt weiter geht es da bei der Strickmaschine, die ebenfalls aus Regina Bauers Fundus stammt. Das metallene Objekt hat einige Einzelteile, die Lutz Walter und Sven Sachenbacher sorgfältig sortieren. „Bis in die 80er Jahre habe ich damit gestrickt. Da muss man sich erst einmal einarbeiten“, erzählt die Jessenerin, die bis zur Wende beim Chemiekombinat Bitterfeld in der Qualitätssicherung arbeitete. Als Ausgleich zur Kopfarbeit wurden zu Hause dann mit den Händen schöne Dinge hergestellt. Gelernt hat Regina Bauer das von ihrem Vater. „Er hat auch für Bekannte gestrickt“, erinnert sie sich.

Selbst habe sie jetzt keine Ruhe mehr und freue sich, wenn die gespendeten Schätze ausgestellt werden. Schließlich habe sie lange daran gehangen und sie aufgehoben. Die Nähmaschine der Marke Veritas nutzt sie heute noch. „Die hat 900 Mark gekostet. Und daran geht nichts kaputt.“ Dabei mussten Hobbynäherinnen früher ordentlich improvisieren: Eine schicke Sommerhose habe sie sich einmal aus einem Bettlaken genäht. Das passende Oberteil wurde mit Textilfarbe verziert.

Regina Bauer hat aus den Fasern Taschen hergestellt.
Regina Bauer hat aus den Fasern Taschen hergestellt.
Kehrer

Tests in der Filmfabrik

Die Strickmaschine sei zwar hauptsächlich für den Hausgebrauch gedacht, doch auch in der Filmfabrik wurden Tests gemacht, erläutert Sven Sachenbacher. In der künftigen Dauerausstellung, in der die Fasergeschichte eine Rolle spielen soll, könne das den Besuchern die Arbeit vermitteln.

„Das alles wird nun erst einmal inventarisiert“, sagt Andrea Mähler. Dann wissen die Museumsmitarbeiter genau, was in die Sammlung gekommen ist. Und damit Dinge nicht nur im Depot, hinter verschlossenen Türen, bleiben, werden sie auch online gestellt auf der Webseite „Museum Digital“. Damit kann theoretisch die ganze Welt die Strickmaschine bewundern.

Verschiedene Fäden stammen noch aus DDR-Zeiten.
Verschiedene Fäden stammen noch aus DDR-Zeiten.
Kehrer