Großer Bahnhof um Bahnhof
BURGKEMNITZ/MZ. - Und wo könnte ein Zugbegleiter wohl besser seine Hochzeit feiern. Natürlich am Arbeitsplatz. "Wir haben damals in der Gaststätte des Burgkemnitzer Bahnhofes groß gefeiert", erzählt das Paar. Das war vor 55 Jahren.
Am Sonnabend wurde der Bahnhof wieder zum Ort der Festlichkeit und die Erbens wollten sich diesen Tag nicht entgehen lassen, radelten von Gräfenhainichen herüber, um dabei zu sein. "Wir mussten einfach kommen", sagen sie. Denn schließlich wurde jenes Haus an den Schienen Teil ihres Lebens. Während die Erbens das Gebäude wie ihre Westentasche kennen, erlebte Karl-Heinz Daehre (CDU) am Sonnabend eine Premiere. "Ich bin das erste Mal in Burgkemnitz", erzählt Sachsen-Anhalts Verkehrsminister im MZ-Gespräch. Der Mann aus Magdeburg kam gern und er kam zu einem besonderen Anlass.
Das Empfangsgebäude des Bahnhofes Burgkemnitz wurde am Osterwochenende nach etwa sieben monatiger Bauzeit seiner Bestimmung übergeben. Mit einer Gesamtinvestition von 540 000 Euro sei es saniert und umgestaltet worden. Das Land Sachsen-Anhalt habe davon 230 000 Euro getragen. Burgkemnitz sei - neben Ilsenburg und Thale - in das von 2006 bis 2008 laufende EU-Projekt "Revita" aufgenommen worden. "Hier ging es darum, für Gebäude, die von der Bahn nicht mehr benötigt werden, neue Nutzungsformen zu entwickeln", erläutert der Verkehrsminister. Das Projekt "Revita" habe zur beispielhaften Revitalisierung von kleinen und mittleren Bahnhöfen in vorwiegend touristisch geprägten Regionen beigetragen.
Neben einem Dorfladen mit Fahrkartenverkauf und einer Gaststätte können die Fahrgäste künftig auch einen Fahrradservice vom Verleih nutzen, ein Warte- und Aufenthaltsbereich mit Toiletten wurde eingerichtet. Steffen Reinhardt von der Betreibergesellschaft des Bahnhofes hat derzeit noch alle Hände voll zu tun. Schließlich wolle man schon bald die ersten Kunden willkommen heißen.
Der Burgkemnitzer Bürgermeister Wieland Ködel meinte am Sonnabend: "Ich bin erleichtert und glücklich." Es sei ein Werk vieler gewesen. "Wir konnten auf Menschen bauen, die mitgeholfen haben." Zeit und Engagement der Burgkemnitzer stecke in diesem Haus. Die haben u.a. sein Stellvertreter Andreas Boy, aber auch Gemeindearbeiter Klaus-Dieter Böttger investiert. "Die Ideen sind in vielen Nächten geboren", weiß Böttger. Am Ende habe es sich gelohnt, erzählt er gegenüber der MZ. "Irgendwie war es wie ein Lottogewinn, dass wir in das Projekt gekommen sind", freute sich auch Verwaltungsamtschef Wolfgang Riemichen. "Ich hoffe, dass perspektivisch alles gut klappt."
Vor eineinhalb Jahren war bereits das Bahnhofsumfeld von Burgkemnitz im Rahmen des so genannten Schnittstellenprogramms für rund 270 000 Euro umgestaltet worden. Um Bahn- und Busangebote besser zu verknüpfen, wurden Zufahrtsstraße, Geh- und Radwege, Parkplätze sowie eine Wendeschleife für Busse gebaut. "Der Bahnhof ist vom Feinsten", lobt auch der Wolfener Burckard Haseloff. Sein Weg per Rad ins Dorf in der Dübener Heide habe sich "auf alle Fälle gelohnt". Was ihm Sorge bereitet, sei der Bahnhof in Wolfen. Der befinde sich in einem katastrophalen Zustand, kritisiert er. Ob sich dort auch mal etwas tut?, wollte er wissen.
Daehre weiß die Antwort. Im Rahmen des "Revita-plus-Projektes" sollen sechs weitere Bahnhofsgebäude in Sachsen-Anhalt einer neuen Nutzung zugeführt werden. Ausgewählt wurden Sangerhausen, Gardelegen, Braunsbedra, Bernburg, Haldensleben und Wolfen. Bereits am 6. Mai finde dazu eine erste Anlaufberatung statt, informierte der Minister.